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Im Westen nichts Neues / На Западном фронте без перемен. Книга для чтения на немецком языке
Im Westen nichts Neues / На Западном фронте без перемен. Книга для чтения на немецком языке
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Im Westen nichts Neues / На Западном фронте без перемен. Книга для чтения на немецком языке

Eigentlich konnte Himmelstoß froh sein; denn sein Wort, dass immer einer den andern erziehen müsse, hatte an ihm selbst Früchte getragen. Wir waren gelehrige Schüler seiner Methoden geworden.

Er hat nie heraus gekriegt, wem er die Sache verdankte. Immerhin gewann er dabei ein Bettuch; denn als wir einige Stunden später noch einmal nachsahen, war es nicht mehr zu finden.

Dieser Abend war der Grund, dass wir am nächsten Morgen einigermaßen gefasst abfuhren. Ein wehender Vollbart bezeichnete uns deshalb ganz gerührt als Heldenjugend.

Aufgaben zum Text

1. Beschreiben Sie die Rekruten.

2. Warum ist Katczinsky nicht zu entbehren?

3. Formulieren Sie das eiserne Gesetz des Komisses. Wie wurde es eingehalten?

4. Wie und warum erzog Himmelstoß Tjaden?

5. Beschreiben Sie den schönsten Tag des Kommisslebens der Freunde. Warum war dieser Abend am schönsten?

6. Wem symphatisieren Sie in dieser Situation: den Jungen oder Himmelstoß? Warum? 7. Wie verstehen Sie folgende Sätze: „Rache ist Blutwurst.” und „ Wir waren gelehrige Schüler seiner Methoden geworden”.

Texterläuterungen

Sägespäne, die – kleine, dünne Streifen, die entstehen, wenn man Holz oder Metall verarbeitet

Priem, der – Stück Kautabak

ausgepowert – (gespr.) sehr erschöpft; ausgepumpt, erledigt

Schmachtriemen, der – Gürtel, den Schmachtriemen anziehen: besonders unter Hunger, Durst oder Hitze leiden

Dattel, die – eine süße, braune Frucht (mit einem länglichen Kern), die an einer Palme wächst

Luft für jemanden sein – (gespr.) von jemandem ignoriert, nicht beachtet werden

Drillichhose, die – Hose aus sehr dichtem Leinenoder Baumwollgewebe

Tresse, die – ein schmales Stoffband zur Verzierung an Kleidungsstücken, besonders bei Uniformen

Schnauze, die – (gespr.) Mund

Muskote, der – der Gemeine, der Schütze

Bettnässer, der – jemand (besonders ein Kind), der ohne Absicht sein Bett mit Urin nass macht, während er schläft

Vergeltung, die – Rache

Vorgesetzte, der – jemand, der in einer Firma, beim Militär, in einem Amt einen höheren Rang hat und so bestimmt, was andere Personen machen müssen

Koppel, das – ein (breiter) Gürtel, meist als Teil einer Uniform

Positur, die – sich in Positur setzen, stellen: in übertriebener Weise versuchen, sich so zu setzen oder zu stellen, dass man gut aussieht

4

Wir müssen nach vorn zum Schanzen*. Beim Dunkelwerden rollen die Lastwagen an. Wir klettern hinauf. Es ist ein warmer Abend, und die Dämmerung erscheint uns wie ein Tuch, unter dessen Schutz wir uns wohl fühlen. Sie verbindet uns; sogar der geizige Tjaden schenkt mir eine Zigarette und gibt mir Feuer.

Wir stehen nebeneinander, dicht an dicht, sitzen kann niemand. Das sind wir auch nicht gewöhnt. Müller ist endlich mal guter Laune; er trägt seine neuen Stiefel.

Die Motoren brummen an, die Wagen klappern und rasseln. Die Straßen sind ausgefahren und voller Löcher. Es darf kein Licht gemacht werden, deshalb rumpeln wir hinein, dass wir fast aus dem Wagen purzeln. Das beunruhigt uns nicht weiter. Was kann schon passieren; ein gebrochener Arm ist besser als ein Loch im Bauch, und mancher wünscht sich geradezu eine solch gute Gelegenheit, nach Hause zu kommen.

Neben uns fahren in langer Reihe die Munitions-kolonnen*. Sie haben es eilig, überholen uns fortwährend. Wir rufen ihnen Witze zu, und sie antworten.

Eine Mauer wird sichtbar, sie gehört zu einem Hause, das abseits der Straße liegt. Ich spitze plötzlich die Ohren. Täusche ich mich? Wieder höre ich deutlich Gänsegeschnatter. Ein Blick zu Katczinsky – ein Blick von ihm zurück; wir verstehen uns.

»Kat, ich höre da einen Kochgeschirraspiranten – « Er nickt. »Wird gemacht, wenn wir zurück sind.

Ich weiß hier Bescheid.«

Natürlich weiß Kat Bescheid. Er kennt bestimmt jedes Gänsebein in zwanzig Kilometer Umkreis.

Die Wagen erreichen das Gebiet der Artillerie. Die Geschützstände sind gegen Fliegersicht mit Büschen verkleidet, wie zu einer Art militärischem Laubhüttenfest. Diese Lauben sähen lustig und friedlich aus, wenn ihre Insassen* keine Kanonen wären.

Die Luft wird diesig von Geschützrauch und Nebel. Man schmeckt den Pulverqualm bitter auf der Zunge. Die Abschüsse krachen, dass unser Wagen bebt, das Echo rollt tosend hinterher, alles schwankt. Unsere Gesichter verändern sich unmerklich. Wir brauchen zwar nicht in die Gräben, sondern nur zum Schanzen, aber in – jedem Gesicht steht jetzt: hier ist die Front, wir sind in ihrem Bereich. Es ist das noch keine Angst. Wer so oft nach vorn gefahren ist wie wir, der wird dickfellig. Nur die jungen Rekruten sind aufgeregt. Kat belehrt sie: »Das war ein 30,5. Ihr hört es am Abschuss; – gleich kommt der Einschlag.«

Aber der dumpfe Hall der Einschläge dringt nicht herüber. Er ertrinkt im Gemurmel der Front. Kat horcht hinaus: »Die Nacht gibt es Kattun*.«

Wir horchen alle. Die Front ist unruhig. Kropp sagt:

»Die Tommys* schießen schon.«

Die Abschüsse sind deutlich zu hören. Es sind die englischen Batterien, rechts von unserm Abschnitt. Sie beginnen eine Stunde zu früh. Bei uns fingen sie immer erst Punkt zehn Uhr an.

»Was fällt denn denen ein«, ruft Müller, »ihre Uhren gehen wohl vor.«

»Es gibt Kattun, sag ich euch, ich spüre es in den Knochen.« Kat zieht die Schultern hoch.

Neben uns dröhnen drei Abschüsse. Der Feuerstrahl schießt schräg in den Nebel, die Geschütze brummen und rumoren*. Wir frösteln und sind froh, dass wir morgen früh wieder in den Baracken sein werden.

Unsere Gesichter sind nicht blasser und nicht röter als sonst; sie sind auch nicht gespannter oder schlaffer, und doch sind sie anders. Wir fühlen, dass in unserm Blut ein Kontakt angeknipst ist. Das sind keine Redensarten; es ist Tatsache. Die Front ist es, das Bewusstsein der Front, das diesen Kontakt auslöst. Im Augenblick, wo die ersten Granaten pfeifen, wo die Luft unter den Abschüssen zerreißt, ist plötzlich in unsern Adern, unsern Händen, unsern Augen ein geducktes Warten, ein Lauern, ein stärkeres Wachsein, eine sonderbare Geschmeidigkeit der Sinne. Der Körper ist mit einem Schlage in voller Bereitschaft.

Oft ist es mir, als wäre es die erschütterte, vibrierende Luft, die mit lautlosem Schwingen auf uns überspringt; oder als wäre es die Front selbst, von der eine Elektrizität ausstrahlt, die unbekannte Nervenspitzen mobilisiert.

Jedesmal ist es dasselbe: wir fahren ab und sind mürrische oder gutgelaunte Soldaten; – dann kommen die ersten Geschützstände, und jedes Wort unserer Gespräche hat einen veränderten Klang. —

Wenn Kat vor den Baracken steht und sagt: »Es gibt Kattun – «, so ist das eben seine Meinung, fertig; – wenn er es aber hier sagt, so hat der Satz eine Schärfe wie ein Bajonett nachts im Mond, er schneidet glatt durch die Gedanken, er ist näher und spricht zu diesem Unbewussten, das in uns aufgewacht ist, mit einer dunklen Bedeutung, »es gibt Kattun« – . Vielleicht ist es unser innerstes und geheimstes Leben, das erzittert und sich zur Abwehr erhebt.

* * *

Für mich ist die Front ein unheimlicher Strudel*. Wenn man noch weit entfernt von seinem Zentrum im ruhigen Wasser ist, fühlt man schon die Saugkraft, die einen an sich zieht, langsam, unentrinnbar, ohne viel Widerstand. Aus der Erde, aus der Luft aber strömen uns Abwehrkräfte zu, – am meisten von der Erde. Für niemand ist die Erde so viel wie für den Soldaten. Wenn er sich an sie presst, lange, heftig, wenn er sich tief mit dem Gesicht und den Gliedern in sie hineinwühlt in der Todesangst des Feuers, dann ist sie sein einziger Freund, sein Bruder, seine Mutter, er stöhnt seine Furcht und seine Schreie in ihr Schweigen und ihre Geborgenheit, sie nimmt sie auf und entlässt ihn wieder zu neuen zehn Sekunden Lauf und Leben, fasst ihn wieder, und manchmal für immer.