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Три товарища / Drei Kameraden
Три товарища / Drei Kameraden
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Три товарища / Drei Kameraden

»Na schön. Wie du willst.«

Ich ging nach Hause. Aber als ich in meinem Zimmer saß, wußte ich auch nicht, was ich anfangen sollte. Ich ging über den Korridor, um Georgie zu besuchen. Ich hielt mich nicht lange bei Georgie auf. Nach einer Viertelstunde ging ich zurück. Ich überlegte, ob ich etwas trinken wollte. Aber ich wollte nicht. Ich setzte mich ans Fenster und schaute auf die Straße. Draußen brannten schon die Laternen; aber es war noch nicht dunkel genug. Schließlich – anrufen konnte ich ja mal. Hatte es doch sogar halb und halb versprochen. Wahrscheinlich war das Mädchen auch gar nicht zu Hause.

Ich ging zum Vorplatz, wo das Telefon stand, hob den Hörer ab und sagte die Nummer. Das Mädchen war da. Ich hängte wieder an, nachdem ich, anstatt mich nur zu erkundigen, eine Verabredung für übermorgen abgemacht hatte. Plötzlich erschien mir alles nicht mehr so blöd. Verrückt, dachte ich.Ich rief Köster an.

»Hast du die Karten noch Otto?«

»Ja.«

»Gut. Ich gehe doch mit zum Boxen.«

Nachher wanderten wir noch eine Zeitlang durch die Stadt. Die Straßen waren hell und leer. In meinem Zimmer saß ich noch eine Weile auf. Die Bude gefiel mir auf einmal gar nicht mehr. Man kann eigentlich keinen anständigen Menschen einladen, dachte ich. Eine Frau schon gar nicht. Höchstens eine Hure aus dem International.

3

Am Dienstag vormittag saßen wir vor unserer Werkstatt im Hof und frühstückten, Der Cadillac war fertig. Lenz hielt ein Blatt Papier in der Hand und schaute uns triumphierend an. Er war unser Reklamechef. Er las uns vor, was er für den Verkauf des Wagens verfaßt hatte.

»Urlaub an südlichen Gestaden im Luxusgefährt«.

Köster und ich schwiegen eine Weile.

»Wozu lange reden«, unterbrach ich ihn. »Das ist ein Inserat für einen Kurort oder eine Schönheitscreme, aber nicht für ein Automobil.«

Lenz öffnete den Mund.

»Augenblick«, fuhr ich fort. »Fragen wir mal Jupp. Das ist die Stimme des Volkes!«

Jupp war unser einziger Angestellter, ein Junge von fünfzehn Jahren, der eine Art Lehrlingsstelle bei uns hatte. Er bediente die Benzinpumpe, besorgte das Frühstück und räumte abends auf. Er war klein, übersät mit Sommersprossen und hatte die größten abstehenden Ohren, die ich kannte. Lenz las ihm das Inserat vor.

»Würdest du dich für so‚ nen Wagen interessieren, Jupp?« fragte Köster.

»Einen Wagen?« fragte Jupp zurück. Ich lachte.

»Natürlich einen Wagen. Meinst du ein Pferd?«

»Hat er Schnellgang, von oben gesteuerte Nockenwelle und hydraulische Bremsen?« erkundigte Jupp sich ungerührt.

»Schafskopf, es ist doch unser Cadillac«.

»Nicht möglich«, erwiderte Jupp und grinste von einem Ohr zum andern.

»Da hast du‘s, Gottfried!« sagte Köster. »Das ist die Romantik von heute.«

Lenz verschwand mißmutig in der Bude.

Ein paar Minuten später erschien Oberinspektor Barsig plötzlich in der Hoftür. Wir empfingen ihn mit großen Ehren. Er war Ingenieur und Sachverständiger der PhönixAutoversicherung, ein wichtiger Mann, um Reparaturen zugewiesen zu bekommen. Wir standen glänzend mit ihm. Als Ingenieur war er zwar ein scharfer Satan, der nichts durchgehen ließ, aber als Schmetterlingsfachmann war er weich wie Butter. Er hatte eine große Sammlung, und wir hatten ihm einmal einen dicken Schwärmer geschenkt, der nachts in unsere Werkstatt geflogen war. Es war ein Totenkopf, die ihm in seiner Sammlung noch gefehlt hatte. Er vergaß uns das nie und besorgte uns seitdem Reparaturen. Wir fingen ihm dafür jede Motte, die wir erwischen konnten.

»Einen Wermut, Herr Barsig?« fragte Lenz.

»Keinen Alkohol vor abends«, erwiderte Barsig. »Eisernes Prinzip bei mir.«

»Prinzipien muß man durchbrechen, sonst machen sie keine Freude«, erklärte Gottfried und schenkte ein.

Barsig wischte sich den Schnurrbart.

»Ich bringe Ihnen eine gute Nachricht. Sie können den Ford abholen. Die Direktion hat bewilligt, daß Sie die Reparatur machen.«

»Großartig«, sagte Köster. »Wir können sie gut brauchen. Und wie steht es mit unserm Kostenanschlag?«

»Auch bewilligt.« Barsig stand auf und verabschiedete sich. »Denken Sie an«, sagte er im Gehen, »die Frau, die mit in dem Ford war, ist vor ein paar Tagen doch noch gestorben. Hatte nur Schnittwunden. Wahrscheinlich zuviel Blut verloren.«

»Wie alt war sie denn?« fragte Köster.

»Vierunddreißig«, erwiderte Barsig. »Schwanger im vierten Monat. Mit zwanzigtausend Mark versichert.«

Wir fuhren gleich los, um den Wagen zu holen. Er stand bei einem Bäckermeister. Der Mann war nachts halb betrunken. Nur seine Frau war verletzt worden; er selbst hatte nicht einen Kratzer bekommen. Wir trafen ihn in der Garage, als wir den Wagen zum Abschleppen fertigmachten. Er sah uns eine Zeitlang schweigend zu.

»Wann ist der Wagen fertig?« fragte er.

»In drei Wochen«, erklärte Köster.

Der Mann wollte kostenlos ein neues Verdeck, für das die Versicherung nicht haftbar war, in die Reparatur hineinschmuggeln. Wir stritten uns eine Weile herum. Schließlich gab Köster nach. Er hätte es nicht getan, wenn wir nicht Arbeit gebraucht hätten.

»Ich komme in den nächsten Tagen, den Stoff aussuchen. Beige, denke ich.«

Wir fuhren los. Draußen zeigte Lenz auf die Sitze des Fords. Sie hatten große schwarze Flecken.

»Das Blut seiner toten Frau. Und ein neues Verdeck herausgeschunden. Beige. Alle Achtung. Dem trau‘ ich auch zu, daß er die Versicherungssumme für zwei Tote‚ rausholt. Die Frau war ja schwanger.«

»Möglich«, sagte Lenz. »Es soll ja Leute geben, für die so was direkt ein Trost im Unglück ist. Uns kostet es glatt fünfzig Mark von unserm Verdienst.«

Nachmittags ging ich nach Hause. Ich war um fünf Uhr mit Patrice Hollmann verabredet, aber ich sagte in der Werkstatt nichts davon. Nicht, daß ich es verbergen wollte; aber es kam mir auf einmal ziemlich unwahrscheinlich vor. Sie hatte mir ein Café als Treffpunkt angegeben. Ich kannte es nicht; ich wußte nur, daß es ein kleines, elegantes Lokal war. Ahnungslos ging ich hin. Ich war in eine typische Damenkonditorei geraten. Mit Mühe gelang es mir, einen Tisch, der gerade frei wurde, zu ergattern. Außer mir waren nur noch zwei Männer da, und die gefielen mir nicht.

»Kaffee, Tee, Schokolade?« fragte der Kellner.

»Einen großen Kognak«, erwiderte ich.

Er brachte ihn. »Vier Plätze, bitte!« sagte er und zeigte auf meinen Tisch.

»Halt«, antwortete ich, »der Tisch ist nicht frei. Ich erwarte jemand.«

»Das geht nicht, mein Herr!« sagte der Kellner. »Um diese Zeit können keine Plätze reserviert werden.«

»Können Sie mir wenigstens noch einen Kognak bringen?« knurrte ich den Kellner an.

»Sehr wohl, mein Herr. Wieder einen großen?«

»Ja.«