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Жизнь взаймы / Der Himmel kennt keine Günstlinge
Жизнь взаймы / Der Himmel kennt keine Günstlinge
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Жизнь взаймы / Der Himmel kennt keine Günstlinge

»Es tut mir leid, daß ich Sie erschreckt habe«, sagte Clerfayt. »Vielen Dank, daß Sie uns retten wollten« , sagte der Mann.

Clerfayt blickte auf. »Ich wollte nicht Sie retten«, erwiderte er trocken.

»Nur meinen Wagen vor Ihren Schlittenkufen.«

Das Sanatorium Bella Vista lag auf einer kleinen Anhöhe über dem Dorfe. Clerfayt parkte den Wagen neben dem Eingang, auf dem ein paar Schlitten standen. Er stellte den Motor ab und legte eine Decke über die Haube, um ihn warmzuhalten. »Clerfayt!« rief jemand vom Eingang her.

Er drehte sich um und sah zu seinem Erstaunen Hollmann auf sich zu gelaufen kommen. Er hatte geglaubt, er läge zu Bett.

»Clerfayt!« rief Hollmann. »Bist du es wirklich?«

»So wirklich, wie man es sein kann. Und du! Du läufst herum? Ich dachte, du liegst im Bett.«

Hollmann lachte. »Das ist hier altmodisch.« Er starrte auf den Wagen. »So eine Überraschung! Wo kommst du her?«

»Aus Monte Carlo.«

»So etwas!« Hollmann konnte sich nicht beruhigen. »Und mit Giuseppe, dem alten Löwen! Ich dachte schon, ihr habt mich vergessen!«

»Es ist Giuseppe. Aber er fährt keine Rennen mehr. Ich habe ihn von der Fabrik gekauft. Er ist jetzt im Ruhestand.«

»So wie ich.«

Clerfayt sah auf. »Du bist nicht im Ruhestand. Du bist auf Urlaub.«

»Ein Jahr! Das ist kein Urlaub mehr. Aber komm herein! Wir müssen das Wiedersehn feiern! Was trinkst du jetzt? Immer noch Wodka?«

Clerfayt nickte. »Gibt es bei euch denn Wodka?«

»Für Gäste gibt es hier alles. Dies ist ein modernes Sanatorium.«

»Das scheint so. Es sieht aus wie ein Hotel.«

»Das gehört zur Behandlung. Moderne Therapie. Wir sind Kurgäste; nicht mehr Patienten. Die Worte Krankheit und Tod sind tabu. Man ignoriert sie. Aber man stirbt trotzdem. Was hast du in Monte Carlo gemacht? Das Rallye mitgefahren? Mit wem hast du das Rallye gefahren?«

»Mit Torriani.«

Sie gingen dem Eingang zu. »Schön hier«, sagte Clerfayt.

»Ja, ein schönes Gefängnis.«

Clerfayt erwiderte nichts. Er kannte andere Gefängnisse. »Fährst du jetzt immer mit Torriani?« fragte Hollmann.

»Nein. Mal mit dem einen, mal mit dem anderen. Ich warte auf dich.«

Es war nicht wahr. Clerfayt fuhr seit einem halben Jahr die Sportwagen-Rennen mit Torriani.

»Hast du etwas im Rallye gemacht?« fragte er.

»Nichts. Wir waren zu spät.«

Clerfayt hob die Hand. »Lass uns etwas trinken. Und tu mir einen Gefallen: Lass uns über alles reden, nur nicht über Rennen und Automobile!«

»Aber warum? Ist etwas passiert?«

»Nichts. Ich bin müde. Möchte mich ausruhen. Das verstehst du doch.«

»Natürlich«, sagte Hollmann. »Aber was ist los?«

»Nichts«, erwiderte Clerfayt ungeduldig. »Ich bin nur abergläubisch[9 - Суеверный], wie jeder andere. Mein Kontrakt läuft ab und ist noch nicht erneuert. Das ist alles.«

»Clerfayt«, sagte Hollmann, »wer ist gestürzt?«

»Ferrer.«

»Tot?«

»Noch nicht. Aber man hat ihm ein Bein amputiert. Komm jetzt und gib mir einen Schnaps.«

Sie saßen in der Halle an einem kleinen Tisch neben dem Fenster. Clerfayt sah sich um. »Sind das alles Kranke?«

»Nein. Auch Gesunde, die die Kranken besuchen.«

»Natürlich! Und die mit den blassen Gesichtern sind die Kranken?«

Hollmann lachte. »Das sind die Gesunden. Sie sind blaß, weil sie erst vor kurzem heraufgekommen sind. Die andern, die braun wie sind, sind die Kranken, die schon lange hier sind.«

Ein Mädchen brachte ein Glas Orangensaft für Hollmann und eine kleine Karaffe Wodka für Clerfayt.

»Wie lange willst du bleiben?« fragte Hollmann.

»Ein paar Tage.«

Hollmann holte eine flache Flasche aus der Brusttasche und goß einen Schluck in sein Glas.

»Gin«, sagte er. »Hilft auch.«

»Dürft ihr nicht trinken?« fragte Clerfayt.

»Es ist nicht ganz verboten; aber so ist es einfacher.« Hollmann schob die Flasche zurück in die Tasche.

Ein Schlitten hielt vor dem Eingang. Clerfayt sah, daß es derselbe war, dem er auf der Straße begegnet war. Der Mann mit der schwarzen Pelzkappe stieg aus.

»Weißt du, wer das ist?« fragte Clerfayt.

»Ein Russe. Er heißt Boris Wolkow. Hier weiß man bald alles über einander«, sagte Hollmann.

Eine Gruppe schwarzgekleideter kleiner Leute drängte sich hinter ihnen vorbei. Sie unterhielten sich lebhaft auf spanisch. »Für ein kleines Dorf scheint ihr ziemlich international zu sein«, sagte Clerfayt. »Das sind wir. Der Tod ist immer noch nicht chauvinistisch.«