Wendy Law-Yone
DÜRRENMATT UND ICH
Eine Passage von Burma nach Bern
DÜRRENMATT AND ME
A Passage from Burma to Berne
Aus dem Englischen von Johanna von Koppenfels
Mit einem Nachwort von Marijke Denger
Texte zur Friedrich Dürrenmatt Gastprofessur
für Weltliteratur
Herausgegeben von Oliver Lubrich
Die burmesisch-amerikanische Autorin Wendy Law-Yone beschreibt in diesem Buch, wie wichtig für sie und ihr Schaffen die Begegnung mit der deutschen Sprache und dem Werk Friedrich Dürrenmatts gewesen ist. Über die deutsche Sprache kam sie zum Schreiben. Beeindruckt von Dürrenmatts Tragikomödie »Der Besuch der alten Dame«, beschäftigte sie, die von der Militärdiktatur aus ihrem Land vertrieben wurde, sich insbesondere mit dem Thema der Rache. Ihr Bericht ist sehr persönlich, offen und heiter.
Dieser Band präsentiert einem deutschsprachigen Publikum erstmals ein Werk einer postkolonialen Autorin, die im englischsprachigen Raum bereits eine anerkannte Größe ist.
Wendy Law-Yone wurde 1947 in Mandalay, Burma, geboren und wuchs in der damaligen Hauptstadt Rangun auf. Ihr Vater gründete 1948 die erste englischsprachige Zeitung nach der Unabhängigkeit des Landes. Sie wurde in Folge des Militärputschs 1962 aufgelöst, Law-Yone als Herausgeber verhaftet. Auch Wendy Law-Yone wurde inhaftiert, konnte 1967 jedoch ausreisen, zuerst nach Thailand und später in die USA. Dort studierte sie, arbeitete als Journalistin und publizierte ihre ersten Romane, »The Coffin Tree« (1983) und »Irrawaddy Tango« (1993). 2002 übersiedelte sie nach Großbritannien, wo 2010 ihr dritter Roman, »The Road to Wanting«, erschien. 2013 folgte »Golden Parasol: A Daughter’s Memoir of Burma«. Wendy Law-Yone lebt heute in London und in der Provence.
INHALT
Von Bern nach Burma und zurück
Wendy Law-Yone, Friedrich Dürrenmatt und Weltliteratur
Oliver Lubrich
From Berne to Burma and Back
Wendy Law-Yone, Friedrich Dürrenmatt, and World Literature
Oliver Lubrich
Dürrenmatt und ich
Eine Passage von Burma nach Bern
Wendy Law-Yone
Dürrenmatt and Me
A Passage from Burma to Berne
Wendy Law-Yone
Wendy Law-Yone und die burmesische ›Nation‹: Veränderungen (be)schreiben
Marijke Denger
Wendy Law-Yone and the Burmese ‘Nation’: Writing (About) Change
Marijke Denger
Bibliographie Wendy Law-Yone
Biographien
Förderer
For Phyllis Richman, through passage after passage.
Von Bern nach Burma und zurück
Wendy Law-Yone, Friedrich Dürrenmatt und Weltliteratur
Oliver Lubrich
Von Burma nach Bern führte Wendy Law-Yones Weg, und Friedrich Dürrenmatt spielte dabei eine besondere Rolle. So berichtet die burmesische Autorin in diesem Buch.
Geboren 1947 in Mandalay, in Zentral-Burma, wuchs Wendy Law-Yone als Tochter eines unabhängigen Journalisten auf, Edward Law-Yone (1911–1980), Gründer und Verleger der Zeitung The Nation. Ihm widmete sie ihre Memoiren, Golden Parasol: A Daughter’s Memoir of Burma (2013). Als nach dem Militärputsch in ihrer Heimat (1962) ihr Vater verhaftet und sie selbst am Studium gehindert wurde, lernte Wendy Law-Yone Deutsch. »Um mich herum herrschte das Chaos«, erinnert sie sich, »aber die deutsche Sprache gab mir Struktur«. Als die Bibliothek des Goethe-Instituts in Rangun aufgelöst wurde und sie dabei half, die Bücher einzupacken, entdeckte sie Friedrich Dürrenmatt.
Nach ihrer Flucht aus Burma schrieb Law-Yone einen Essay über Dürrenmatt, der ihr die Türen einer Universität in den USA öffnete. Als Abschlussarbeit reichte sie einen Entwurf ihres ersten Romans ein, The Coffin Tree (1983). Als Antwort auf Dürrenmatts Theaterstück Der Besuch der alten Dame (1956) konzipierte sie ihren zweiten Roman, Irrawaddy Tango (1993), der von der Heimkehr und Rache einer Vertriebenen erzählt, die einst die Geliebte des Herrschers war. Die deutsche Sprache und Dürrenmatts Literatur werden bei Wendy Law-Yone zu einer politischen und existentiellen Metapher. Sie stehen für die Auseinandersetzung mit Burma, seiner Geschichte und seiner Diktatur.
Im Herbstsemester 2015 kam Wendy Law-Yone als Friedrich Dürrenmatt Gastprofessorin für Weltliteratur an die Universität Bern – in den Heimatkanton des Schweizer Schriftstellers. Hier unterrichtete sie ein wöchentliches Seminar zur asiatischen Gegenwartsliteratur: »Explosive Transformation: Globalisation and its Discontents in Asian Fiction«. Auf dem Programm standen Romane von Aravind Adiga aus Indien (The White Tiger), Mohsin Hamid aus Pakistan (How to Get Filthy Rich in Rising Asia), Yu Hua aus China (The Seventh Day) und Wendy Law-Yone selbst (The Road to Wanting), dazu Kurzgeschichten unter anderem von Krys Lee aus Korea und Prajwal Parajuly aus Nepal. In einem Doktoranden-Workshop mit dem Titel »The Road to Wanting: a Zomian Journey« führte Law-Yone Berner Promovierende anhand ihres Romans The Road to Wanting (2010) in das burmesisch-chinesische Grenzgebiet. Die Autorin setzt sich für die Rechte ethnischer Minderheiten ein und kritisiert öffentlich die Behandlung der muslimischen Rohingya. Neben ihrem Seminar und dem Doktoranden-Workshop an der Universität hielt Wendy Law-Yone in Bern, Basel, Biel, Zofingen und Zürich öffentliche Vorträge, sie gab Lesungen und nahm an Diskussionen teil.
Die Friedrich Dürrenmatt Gastprofessur für Weltliteratur wurde 2013 an der Universität Bern eingerichtet, um Literatur »aus erster Hand« zu vermitteln, durch internationale AutorInnen. Es geht dabei weder um »Kreatives Schreiben« noch um »Poetikvorlesungen«. Die Gäste unterrichten ein Thema ihrer Wahl in einer Form ihrer Wahl. So ergeben sich neue Inhalte im Lehrprogramm, wie sie von den Dozierenden sonst nicht angeboten werden. Und es entstehen neue Formate des Unterrichts in einem kreativen Freiraum abseits von »Bologna-Reform«, »Modularisierung« und »Obligatorien«. Joanna Bator aus Wałbrzych zum Beispiel gab einen Kurs über »Unheimliche Orte« und lud die TeilnehmerInnen ein, solche in Bern selbst zu erkunden. Juan Gabriel Vásquez aus Bogotá diskutierte seine Ideen von der »DNA« des Romans nicht nur mit seinen Studierenden, sondern auch mit internationalen Kollegen, die im Seminarraum per Skype zugeschaltet wurden – etwa Javier Cercas aus Madrid. David Wagner aus Berlin lehrte die Kunst der »Promenadologie« – mit Walter Benjamin und Robert Walser und mit »ambulanten Referaten«. Es ging darum, das Eigene mit fremdem Blick neu sehen zu lernen.
Friedrich Dürrenmatt wurde 1921 in Konolfingen im Kanton Bern geboren. Er studierte an der Universität Bern. Der Name Dürrenmatt steht für eine Weltliteratur aus Bern. Von Wendy Law-Yone erfahren wir, dass Dürrenmatts Literatur bis nach Burma gelangte und dort eine neue Bedeutung bekam. Die nach ihm benannte Gastprofessur kehrt Dürrenmatt um. Sie bringt Weltliteratur nach Bern. Ihre Inhaber kamen bislang aus Deutschland, Polen, Haiti, Kuba, dem Kongo, Kolumbien, Dänemark, China, der Türkei, Israel und Frankreich sowie aus der Schweiz. Und nicht zuletzt aus Mandalay beziehungsweise aus Rangun in Burma.
Die Friedrich Dürrenmatt Gastprofessur für Weltliteratur wurde geschaffen mit großzügiger Unterstützung durch die Stiftung Mercator Schweiz, und sie wurde verstetigt mit Hilfe der Burgergemeinde Bern. Der vorliegende Band wurde verwirklicht mit einer Förderung durch die Stiftung Pro Scientia et Arte. Im Projektteam mitgewirkt haben Thomas Nehrlich, Delia Imboden, Vera Jordi, Elena Bertagna und Livia Notter, Petra Riedweg, Michael Toggweiler, Ariane Lorke, Gabriel Rosenberg und Viviane Blanchard sowie Manuela Rossini.
From Berne to Burma and Back
Wendy Law-Yone, Friedrich Dürrenmatt, and World Literature
Oliver Lubrich
Wendy Law-Yone’s journey led from Burma to Berne, and Friedrich Dürrenmatt accompanied her on it. This is what the Burmese author tells us in this book.
Born in Mandalay, central Burma, in 1947, Wendy Law-Yone grew up as the daughter of the independent journalist Edward Law-Yone (1911–1980), founder and publisher of the daily newspaper The Nation. Her memoir, Golden Parasol: A Daughter’s Memoir of Burma (2013), is a tribute to her father’s legacy, professional and familial. It was after the military coup in 1962, when her father was imprisoned and she was barred from higher education, that Law-Yone first learned German. ‘All around me was chaos,’ she remembers, ‘but the German language gave me a structure.’ When the library of the Goethe Institute in Rangoon closed and she helped pack the books, she discovered Friedrich Dürrenmatt.
Following her flight from Burma, Law-Yone wrote an essay on Dürrenmatt that helped open the doors to a university in the USA. She graduated with an honours degree, submitting for her thesis an early version of what would become her first novel, The Coffin Tree (1983). Her second novel, Irrawaddy Tango (1993), was a response to Dürrenmatt’s play, The Visit (1956), and centres on the return and revenge of an exiled woman who was once the dictator’s lover. In Wendy Law-Yone’s life and work, the German language and Dürrenmatt’s writing form a political and existential metaphor. They represent her engagement with Burma, its history and its dictatorship.
In the fall term of 2015, Wendy Law-Yone was the Friedrich Dürrenmatt Guest Professor for World Literature at the University of Berne, in the home canton of Switzerland’s celebrated writer. She taught a weekly seminar on contemporary Asian literature, ‘Explosive Transformation: Globalisation and its Discontents in Asian Fiction’. The syllabus featured novels by Aravind Adiga from India (The White Tiger), Mohsin Hamid from Pakistan (How to Get Filthy Rich in Rising Asia), Yu Hua from China (The Seventh Day), and her own work (The Road to Wanting), in addition to short stories by Krys Lee from Korea and Prajwal Parajuly from Nepal, and others. In a workshop entitled ‘The Road to Wanting: a Zomian Journey’, Law-Yone took a group of doctoral students on an imaginary voyage to the border region between Burma and China, using her novel The Road to Wanting (2010) as a guidebook. The writer advocates the rights of ethnic minorities and publicly criticizes the treatment of the Muslim Rohingya. In addition to her seminar and the PhD workshop at the University, Law-Yone gave public lectures and readings and took part in discussions in Berne, Basle, Biel, Zofingen and Zurich.
The Friedrich Dürrenmatt Chair for World Literature was established at the University of Berne in 2013. Its goal is to convey literature ‘firsthand’, with international authors as teachers. The programme is neither ‘Creative Writing’ nor ‘Lectures in Poetics’. Rather, the guest professors teach a topic of their choice in a form of their choice. Their curricula feature new content not ordinarily offered by academic scholars. The introduction of experimental forms of teaching in an open space of creativity are an attempt to counterbalance the ever more bureaucratic course of studies. Joanna Bator from Wałbrzych, for example, held a class on ‘Uncanny Places’, and encouraged her students to explore those in Berne. Juan Gabriel Vásquez from Bogotá discussed his theories about the ‘DNA’ of the novel with his students and with international colleagues—among them Javier Cercas from Madrid, via Skype conference calls. David Wagner from Berlin taught the art of ‘promenadology’ as practiced by Walter Benjamin and Robert Walser, in the old town and the hills of Berne. The aim was ‘to look at the familiar with the gaze of the foreigner’.
Friedrich Dürrenmatt was born in Konolfingen in the canton of Berne in 1921. He studied at the University of Berne. The name Dürrenmatt thus stands for world literature from Berne.
Wendy Law-Yone proves that Dürrenmatt’s literature travelled all the way to Burma and took on new meaning there. The guest professorship named after him acknowledges Dürrenmatt’s reach in reverse, bringing world literature to Berne. The authors have come from Germany, Poland, Haiti, Cuba, Congo, Colombia, Denmark, China, Turkey, Israel, and France as well as from Switzerland. And from Rangoon, Burma.
The Friedrich Dürrenmatt Guest Professorship for World Literature was created with the generous support of the Mercator Foundation Switzerland and with the Burger Community Berne. This book was made possible thanks to the Pro Scientia et Arte Foundation. Thomas Nehrlich, Delia Imboden, Vera Jordi, Elena Bertagna, Livia Notter, Petra Riedweg, Michael Toggweiler, Ariane Lorke, Gabriel Rosenberg, Viviane Blanchard, and Manuela Rossini have contributed to the project since 2013.
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