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Im Westen nichts Neues / На Западном фронте без перемен. Книга для чтения на немецком языке
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Im Westen nichts Neues / На Западном фронте без перемен. Книга для чтения на немецком языке

Kleinholz geben – prügeln

Speckjäger, der – Schimpfwort

platzen – etwas platzt: etwas geht plötzlich (oft mit einem Knall) kaputt, meist weil der Druck im Inneren zu stark geworden ist

Latrine, die – eine Toilette im Freien, bei der die Exkremente in eine Grube fallen

Verdauung, die – das Verdauen der Nahrung (verdauen – die Nahrung im Magen und im Darm auflösen, so dass der Körper sie aufnehmen kann)

entrüsten – sich über etwas sehr ärgern (und diesen Ärger auch zeigen)

Flack, die – Kurzform für die Flugzeugabwehrkanone

Garbe, die – mehrere Schüsse (aus einer automatischen Schusswaffe), die rasch aufeinander folgen

Skat, der – das beliebteste deutsche Kartenspiel für drei Personen

Nullouvert, der – Null uff’s Ferd, eine bestimmte Kombination von Karten beim Skatspiel (offenes Nullspiel)

Schieberamsch, der – eine inoffizielle Variante des Kartenspiels Skat

Schinder, der – jemand, der ein Tier quält, besonders indem man es sehr hart arbeiten lässt

parat – so, dass man es (zur Hand) hat, wenn man es braucht; (griff)bereit

großer Betrieb – die Aktivitäten und Arbeiten, die an einer Stelle oder in einer Institution ablaufen

Eiter, der – eine dicke, gelbliche Flüssigkeit, die in infizierten Wunden entsteht

flau sein – jemandem ist flau: jemand fühlt sich nicht wohl, ihm ist ein wenig übel oder schwindlig

Trichter, der – ein großes Loch im Erdboden, das durch die Explosion einer Bombe entstanden ist

Tornister, der – ein flaches Gepäckstück, das meist Soldaten auf dem Rücken tragen

Plattfuß, der – ein Fuß, bei dem die ganze Sohle den Boden berührt, wenn man geht

Koller, der – Wutanfall, Wutausbruch

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Es ist für mich sonderbar, daran zu denken, dass zu Hause, in einer Schreibtischlade, ein angefangenes Drama »Saul*« und ein Stoß* Gedichte liegen. Manchen Abend habe ich darüber verbracht, wir haben ja fast alle so etwas Ähnliches gemacht; aber es ist mir so unwirklich geworden, dass ich es mir nicht mehr richtig vorstellen kann.

Seit wir hier sind, ist unser früheres Leben abgeschnitten, ohne dass wir etwas dazu getan haben. Wir versuchen manchmal, einen Überblick und eine Erklärung dafür zu gewinnen, doch es gelingt uns nicht recht. Gerade für uns Zwanzigjährige ist alles besonders unklar, für Kropp, Müller, Leer, mich, für uns, die Kantorek als eiserne Jugend bezeichnet. Die älteren Leute sind alle fest mit dem Früheren verbunden, sie haben Grund, sie haben Frauen, Kinder, Berufe und Interessen, die schon so stark sind, dass der Krieg sie nicht zerreißen kann. Wir Zwanzigjährigen aber haben nur unsere Eltern und manche ein Mädchen. Das ist nicht viel – denn in unserm Alter ist die Kraft der Eltern am schwächsten, und die Mädchen sind noch nicht beherrschend. Außer diesem gab es ja bei uns nicht viel anderes mehr; etwas Schwärmertum*, einige Liebhabereien* und die Schule; weiter reichte unser Leben noch nicht. Und davon ist nichts geblieben.

Kantorek würde sagen, wir hätten gerade an der Schwelle des Daseins gestanden. So ähnlich ist es auch. Wir waren noch nicht eingewurzelt. Der Krieg hat uns weggeschwemmt. Für die andern, die älteren, ist er eine Unterbrechung, sie können über ihn hinausdenken. Wir aber sind von ihm ergriffen worden und wissen nicht, wie das enden soll. Was wir wissen, ist vorläufig nur, dass wir auf eine sonderbare und schwermütige Weise verroht sind, obschon wir nicht einmal oft mehr traurig werden.

Wenn Müller gern Kemmerichs Stiefel haben will, so ist er deshalb nicht weniger teilnahmsvoll als jemand, der vor Schmerz nicht daran zu denken wagte. Er weiß nur zu unterscheiden. Würden die Stiefel Kemmerich etwas nutzen, dann liefe Müller lieber barfuß über Stacheldraht, als groß zu überlegen, wie er sie bekommt. So aber sind die Stiefel etwas, das gar nichts mit Kemmerichs Zustand zu tun hat, während Müller sie gut verwenden kann. Kemmerich wird sterben, einerlei, wer sie erhält. Warum soll deshalb Müller nicht dahinter her sein, er hat doch mehr Anrecht darauf als ein Sanitäter! Wenn Kemmerich erst tot ist, ist es zu spät. Deshalb passt Müller eben jetzt schon auf.

Wir haben den Sinn für andere Zusammenhänge verloren, weil sie künstlich sind. Nur die Tatsachen sind richtig und wichtig für uns. Und gute Stiefel sind selten.

* * *

Früher war auch das anders. Als wir zum Bezirkskommando gingen, waren wir noch eine Klasse von zwanzig jungen Menschen, die sich, manche zum ersten Male, übermütig gemeinsam rasieren ließ, bevor sie den Kasernenhof betrat. Wir hatten keine festen Pläne für die Zukunft, Gedanken an Karriere und Beruf waren bei den wenigsten praktisch bereits so bestimmt, dass sie eine Daseinsform bedeuten konnten; – dafür jedoch steckten wir voll Ungewisser Ideen, die dem Leben und auch dem Kriege in unseren Augen einen idealisierten und fast romantischen Charakter verliehen.

Wir wurden zehn Wochen militärisch ausgebildet und in dieser Zeit entscheidender umgestaltet als in zehn Jahren Schulzeit. Wir lernten, dass ein geputzter Knopf wichtiger ist als vier Bände Schopenhauer*. Zuerst erstaunt, dann erbittert und schließlich gleichgültig erkannten wir, dass nicht der Geist ausschlaggebend zu sein schien, sondern die Wichsbürste*, nicht der Gedanke, sondern das System, nicht die Freiheit, sondern der Drill*. Mit Begeisterung und gutem Willen waren wir Soldaten geworden; aber man tat alles, um uns das auszutreiben. Nach drei Wochen war es uns nicht mehr unfasslich, dass ein betresster Briefträger mehr Macht über uns besaß als früher unsere Eltern, unsere Erzieher und sämtliche Kulturkreise von Plato bis Goethe* zusammen. Mit unseren jungen, wachen Augen sahen wir, dass der klassische Vaterlandsbegriff unserer Lehrer sich hier vorläufig realisierte zu einem Aufgeben der Persönlichkeit, wie man es dem geringsten Dienstboten nie zugemutet haben würde. Grüßen, Strammstehen, Parademarsch, Gewehrpräsentieren, Rechtsum, Linksum, Hackenzusammenschlagen, Schimpfereien und tausend Schikanen*: wir hatten uns unsere Aufgabe anders gedacht und fanden, dass wir auf das Heldentum wie Zirkuspferde vorbereitet wurden. Aber wir gewöhnten uns bald daran. Wir begriffen sogar, dass ein Teil dieser Dinge notwendig, ein anderer aber ebenso überflüssig war. Der Soldat hat dafür eine feine Nase*.

* * *

Zu dreien und vieren wurde unsere Klasse über die Korporalschaften* verstreut, zusammen mit friesischen* Fischern, Bauern, Arbeitern und Handwerkern, mit denen wir uns schnell anfreundeten. Kropp, Müller, Kemmerich und ich kamen zur neunten Korporalschaft, die der Unteroffizier Himmelstoß führte.

Er galt als der schärfste Schinder des Kasernenhofes, und das war sein Stolz. Ein kleiner, untersetzter Kerl, der zwölf Jahre gedient hatte, mit fuchsigem, aufgewirbeltem Schnurrbart, im Zivilberuf Briefträger. Auf Kropp, Tjaden, Westhus und mich hatte er es besonders abgesehen, weil er unsern stillen Trotz spürte.

Ich habe an einem Morgen vierzehnmal sein Bett gebaut. Immer wieder fand er etwas daran auszusetzen und riss es herunter. Ich habe in zwanzigstündiger Arbeit – mit Pausen natürlich – ein Paar uralte, steinharte Stiefel so butterweich geschmiert, dass selbst Himmelstoß nichts mehr daran auszusetzen fand; – ich habe auf seinen Befehl mit einer Zahnbürste die Korporalschaftsstube sauber geschrubbt; – Kropp und ich haben uns mit einer Handbürste und einem Fegeblech an den Auftrag gemacht, den Kasernenhof vom Schnee reinzufegen, und wir hätten durchgehalten bis zum Erfrieren, wenn nicht zufällig ein Leutnant aufgetaucht wäre, der uns fortschickte und Himmelstoß mächtig anschnauzte. Die Folge war leider nur, dass Himmelstoß um so wütender auf uns wurde. Ich habe vier Wochen hintereinander jeden Sonntag Wache geschoben und ebensolange Stubendienst gemacht; – ich habe in vollem Gepäck mit Gewehrauf losem, nassem Sturzacker »Sprung auf, marsch, marsch« und »Hinlegen« geübt, bis ich ein Dreckklumpen war und zusammenbrach; – ich habe vier Stunden später Himmelstoß mein tadellos gereinigtes Zeug vorgezeigt, allerdings mit blutig geriebenen Händen; – ich habe mit Kropp, Westhus und Tjaden ohne Handschuhe bei scharfem Frost eine Viertelstunde »Stillgestanden« geübt, die bloßen Finger am eisigen Gewehrlauf, lauernd umschlichen von Himmelstoß, der auf die geringste Bewegung wartete, um ein Vergehen festzustellen; – ich bin nachts um zwei Uhr achtmal im Hemd vom ob ersten Stock der Kaserne heruntergerannt bis auf den Hof, weil meine Unterhose einige Zentimeter über den Rand des Schemels hinausragte, auf dem jeder seine Sachen aufschichten musste. Neben mir lief der Unteroffizier vom Dienst, Himmelstoß, und trat mir auf die Zehen; – ich habe beim Bajonettieren* ständig mit Himmelstoß fechten müssen, wobei ich ein schweres Eisengestell und er ein handliches Holzgewehr hatte, so dass er mir bequem die Arme braun und blau schlagen konnte; allerdings geriet ich dabei einmal so in Wut, dass ich ihn blindlings* überrannte und ihm einen derartigen Stoß vor den Magen gab, dass er umfiel. Als er sich beschweren wollte, lachte ihn der Kompanieführer aus und sagte, er solle doch aufpassen; erkannte seinen Himmelstoß und schien ihm den Reinfall zu gönnen. – Ich habe mich zu einem perfekten Kletterer auf die Spinde entwickelt; – ich suchte allmählich auch im Kniebeugen meinen Meister; – wir haben gezittert, wenn wir nur seine Stimme hörten, aber kleingekriegt hat uns dieses wildgewordene Postpferd nicht.

Als Kropp und ich im Barackenlager sonntags an einer Stange die Latrineneimer über den Hof schleppten und Himmelstoß, blitzblank geschniegelt, zum Ausgehen bereit, gerade vorbeikam, sich vor uns hinstellte und fragte, wie uns die Arbeit gefiele, markierten wir trotz allem ein Stolpern und gössen ihm den Eimer über die Beine. Er tobte, aber das Maß war voll.

»Das setzt Festung«, schrie er.

Kropp hatte genug. »Vorher aber eine Untersuchung, und da werden wir auspacken«, sagte er.

»Wie reden Sie mit einem Unteroffizier!« brüllte Himmelstoß, »sind Sie verrückt geworden? Warten Sie, bis Sie gefragt werden! Was wollen Sie tun?«

»Über Herrn Unteroffizier auspacken!« sagte Kropp und nahm die Finger an die Hosennaht.

Himmelstoß merkte nun doch, was los war, und schob ohne ein Wort ab. Bevor er verschwand, krakehlte er zwar noch: »Das werde ich euch eintränken«, – aber es war vorbei mit seiner Macht. Er versuchte es noch einmal in den Sturzäckern mit »Hinlegen« und »Sprung auf, marsch, marsch«. Wir befolgten zwar jeden Befehl; denn Befehl ist Befehl, er muss ausgeführt werden. Aber wir führten ihn so langsam aus, dass Himmelstoß in Verzweiflung geriet.

Gemütlich gingen wir auf die Knie, dann auf die Arme und so fort; inzwischen hatte er schon wütend ein anderes Kommando gegeben. Bevor wir schwitzten, war er heiser. Er ließ uns dann in Ruhe. Zwar bezeichnete er uns immer noch als Schweinehunde. Aber es lag Achtung darin.

Es gab auch viele anständige Korporale, die vernünftiger waren; die anständigen waren sogar in der Überzahl. Aber vor allem wollte jeder seinen guten Posten hier in der Heimat so lange behalten wie möglich, und das konnte er nur, wenn er stramm mit den Rekruten war.

Uns ist dabei wohl jeder Kasernenhofschliff zuteil geworden, der möglich war, und oft haben wir vor Wut geheult. Manche von uns sind auch krank dadurch geworden. Wolf ist sogar an Lungenentzündung gestorben. Aber wir wären uns lächerlich vorgekommen, wenn wir klein beigegeben hätten. Wir wurden hart, misstrauisch, mitleidlos, rachsüchtig, roh – und das war gut; denn diese Eigenschaften fehlten uns gerade. Hätte man uns ohne diese Ausbildungszeit in den Schützengraben geschickt, dann wären wohl die meisten von uns verrückt geworden. So aber waren wir vorbereitet für das, was uns erwartete.

Wir zerbrachen nicht, wir passten uns an; unsere zwanzig Jahre, die uns manches andere so schwer machten, halfen uns dabei. Das Wichtigste aber war, dass in uns ein festes, praktisches Zusammengehörigkeitsgefühl erwachte, das sich im Felde dann zum Besten steigerte, was der Krieg hervorbrachte: zur Kameradschaft!

* * *

Ich sitze am Bette Kemmerichs. Er verfällt mehr und mehr. Um uns ist viel Radau*. Ein Lazarettzug ist angekommen, und die transportfähigen Verwundeten werden ausgesucht. An Kemmerichs Bett geht der Arzt vorbei, er sieht ihn nicht einmal an.

»Das nächstemal, Franz«, sage ich.

Er hebt sich in den Kissen auf die Ellbogen. »Sie haben mich amputiert.«

Das weiß er also doch jetzt. Ich nicke und antworte:

»Sei froh, dass du so weggekommen bist.«

Er schweigt.