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Превращение / Die Verwandlung. Уровень 3
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Превращение / Die Verwandlung. Уровень 3

«Schon sieben Uhr«, sagte er sich,»schon sieben Uhr und noch immer ein solcher Nebel.«

Und ein Weilchen lang lag er ruhig mit schwachem Atem.

III

Dann aber sagte er sich:

«Ehe es ein Viertel acht schlägt, muss ich unbedingt das Bett verlassen. Im übrigen wird auch jemand aus dem Geschäft kommen, um nach mir zu fragen. Das Geschäft wird vor sieben Uhr geöffnet.«

Er machte sich nun daran, den Körper in seiner ganzen Länge vollständig gleichmäßig aus dem Bett hinauszuschaukeln. Wenn er sich aus dem Bett fallen ließ, blieb der Kopf voraussichtlich unverletzt. Der Rücken war hart; dem wird wohl bei dem Fall auf den Teppich nichts geschehen. Das größte Bedenken machte ihm der Krach, den es geben muss. Aber muss er wagen.

Die neue Methode war mehr ein Spiel als eine Anstrengung. Als Gregor schon zur Hälfte aus dem Bette ragte, fiel ihm ein[29 - fiel ihm ein – ему пришло в голову], wie einfach alles ist, wenn man ihm zu Hilfe kommt. Er dachte an seinen Vater und das Dienstmädchen. Zwei starke Leute sind genug. Sie werden ihre Arme nur unter seinen Rücken schieben, ihn so aus dem Bett schälen, sich mit der Last niederbeugen und dann bloß vorsichtig dulden, dass er den Überschwung auf dem Fußboden vollzog. Dann die Beinchen werden einen Sinn bekommen. Nun waren die Türen versperrt. Soll er wirklich um Hilfe rufen? Bei diesem Gedanken konnte er ein Lächeln nicht unterdrücken.

Schon war er so weit, dass er bei stärkerem Schaukeln kaum das Gleichgewicht noch erhielt[30 - kaum das Gleichgewicht noch erhielt – едва сохранял равновесие]. Sehr bald musste er sich nun endgültig entscheiden, denn es war in fünf Minuten ein Viertel acht, als es an der Wohnungstür läutete.

«Das ist jemand aus dem Geschäft«, sagte er sich und erstarrte fast. Seine Beinchen nur tanzten. Einen Augenblick blieb alles still.

«Sie öffnen nicht«, sagte sich Gregor.

Das was eine Hoffnung. Aber dann ging natürlich das Dienstmädchen zur Tür und öffnete. Gregor hat das erste Grußwort des Besuchers gehört. Er wusste schon, wer es war – der Prokurist[31 - der Prokurist – управляющий] selbst. Warum war nur Gregor dazu verurteilt, bei dieser Firma zu dienen? Waren denn alle Angestellten Lumpen, gab es denn keinen treuen ergebenen Menschen? Warum hier kommen?

Genügte es wirklich nicht, einen Lehrjungen[32 - der Lehrjunge – подмастерье] nachfragen zu lassen? Musste da der Prokurist selbst kommen? Musste dadurch der ganzen Familie gezeigt werden, dass die Untersuchung dieser verdächtigen Angelegenheit nur dem Verstand des Prokuristen anvertraut werden kann? Und schwang Gregor sich mit aller Macht aus dem Bett.

Es gab einen lauten Schlag, aber ein eigentlicher Krach war es nicht. Ein wenig wurde der Fall durch den Teppich abgeschwächt. Auch war der Rücken elastischer, als Gregor gedacht hatte. Daher kam der dumpfe Klang. Nur den Kopf hatte er nicht vorsichtig genug gehalten und ihn angeschlagen. Er drehte ihn und rieb ihn an dem Teppich vor Ärger und Schmerz.

«Da drin ist etwas gefallen«, sagte der Prokurist im Nebenzimmer links.

Gregor war still. Dann machte der Prokurist im Nebenzimmer ein paar bestimmte Schritte. Aus dem Nebenzimmer rechts flüsterte die Schwester, um Gregor zu verständigen:

«Gregor, der Prokurist ist da.«

«Ich weiß«, sagte Gregor.

«Gregor«, sagte nun der Vater aus dem Nebenzimmer links,»der Herr Prokurist ist gekommen. Er erkundigt sich, warum du nicht mit dem Frühzug weggefahren bist. Wir wissen nicht, was wir ihm sagen sollen. Übrigens will er auch mit dir persönlich sprechen.«

«Guten Morgen, Herr Samsa«, rief der Prokurist freundlich.

«Ihm ist nicht wohl«, sagte die Mutter zum Prokuristen, während der Vater noch an der Tür redete,»ihm ist nicht wohl. Glauben Sie mir, Herr Prokurist. Kann Gregor einen Zug versäumen? Nein. Der Junge hat ja nichts im Kopf als das Geschäft. Ich ärgere mich schon fast, dass er abends niemals ausgeht. Jetzt war er doch acht Tage in der Stadt, aber jeden Abend war er zu Hause. Da sitzt er bei uns am Tisch. Er liest die Zeitung oder studiert Fahrpläne. Es ist schon eine Zerstreuung für ihn, wenn er sich mit Laubsägearbeiten beschäftigt[33 - wenn er sich mit Laubsägearbeiten beschäftigt – когда он занимается выпиливанием по дереву]. Da hat er zum Beispiel im Laufe von zwei, drei Abenden[34 - im Laufe von zwei, drei Abenden – в течение двух-трех вечеров] einen kleinen Rahmen geschnitzt. Sie werden staunen, wie hübsch er ist. Er hängt drin im Zimmer. Sie werden ihn gleich sehen, bis Gregor aufmacht. Ich bin übrigens glücklich, dass Sie da sind, Herr Prokurist. Warum kann er die Tür nicht öffnen? Er ist so hartnäckig! Und bestimmt ist ihm nicht wohl.«

«Ich komme gleich«, sagte Gregor langsam und bedächtig.

Er rührte sich nicht, um kein Wort der Gespräche zu verlieren.

«Anders, gnädige Frau, kann ich es mir auch nicht erklären«, sagte der Prokurist,»hoffentlich ist es nichts Ernstes[35 - hoffentlich ist es nichts Ernstes – будем надеяться, что ничего серьезного]. Wenn ich auch andererseits sagen muss, dass wir Geschäftsleute – leider oder glücklicherweise – ein leichtes Unwohlsein sehr oft aus geschäftlichen Rücksichten[36 - aus geschäftlichen Rücksichten – из деловых соображений (в интересах дела)] einfach überwinden müssen.«

«Also kann der Herr Prokurist schon zu dir hinein?«fragte der ungeduldige Vater.

Er klopfte wiederum an die Tür.

«Nein«, sagte Gregor.

Im Nebenzimmer links trat eine peinliche Stille ein. Im Nebenzimmer rechts begann die Schwester zu schluchzen.

IV

Warum ging denn die Schwester nicht zu den anderen? Sie war wohl erst jetzt aus dem Bett aufgestanden. Sie hatte noch gar nicht angefangen sich anzuziehen. Und warum weinte sie denn? Weil er nicht aufstand und den Prokuristen nicht hereinließ? Weil er in Gefahr war, den Posten zu verlieren[37 - den Posten zu verlieren – потерять место работы]? Weil wird der Chef die Eltern mit den alten Forderungen wieder verfolgen? Das waren unnötige Sorgen. Noch war Gregor hier. Er dachte nicht im geringsten daran, seine Familie zu verlassen. Er lag auf dem Teppich. Er wird den Prokuristen nicht hereinlassen. Aber wegen dieser kleinen Unhöflichkeit, konnte Gregor doch nicht gut sofort weggeschickt werden. Und Gregor dachte, dass es viel vernünftiger ist, ihn jetzt in Ruhe zu lassen, statt ihn mit Weinen und Zureden zu stören. Aber es war eben die Ungewissheit, welche die anderen bedrängte.

«Herr Samsa«, rief nun der Prokurist,»was ist denn los? Sie verbarrikadieren sich da in Ihrem Zimmer. Sie antworten bloß mit ja und nein. Sie machen Ihren Eltern schwere, unnötige Sorgen. Und Sie versäumen Ihre geschäftliche Pflichten. Ich spreche hier im Namen Ihrer Eltern[38 - im Namen Ihrer Eltern – от имени ваших родителей] und Ihres Chefs. Ich bitte Sie ganz ernsthaft um eine augenblickliche, deutliche Erklärung. Ich staune, ich staune! Ich glaubte Sie als einen ruhigen, vernünftigen Menschen zu kennen. Aber nun wollen Sie mit sonderbaren Launen paradieren. Der Chef deutete mir zwar heute früh eine Erklärung für Ihre Versäumnisse an. Sie betraf das Ihnen seit kurzem anvertraute Inkasso. Aber ich denke, dass diese Erklärung nicht gut ist. Nun aber sehe ich hier Ihren unbegreiflichen Starrsinn. Ich verliere ganz und gar[39 - ganz und gar – целиком и полностью] jede Lust, mich auch für Sie einzusetzen. Und Ihre Stellung ist durchaus nicht die festeste. Ich hatte ursprünglich die Absicht, Ihnen das alles unter vier Augen[40 - unter vier Augen – с глазу на глаз] zu sagen, aber jetzt nein! Ihre Eltern werden alles erfahren. Ihre Leistungen in der letzten Zeit waren also sehr unbefriedigend. Es ist zwar nicht die Jahreszeit, um besondere Geschäfte zu machen, das stimmt. Aber eine Jahreszeit, um keine Geschäfte zu machen, gibt es überhaupt nicht, Herr Samsa.«

«Aber Herr Prokurist«, rief Gregor und vergaß in der Aufregung alles andere,»ich mache ja sofort, augenblicklich auf! Ein leichtes Unwohlsein, ein Schwindelanfall, haben mich verhindert aufzustehen. Ich liege noch jetzt im Bett. Jetzt bin ich aber schon wieder ganz frisch. Eben steige ich aus dem Bett. Nur einen kleinen Augenblick Geduld! Es geht noch nicht so gut; wie ich dachte. Es ist mir aber schon wohl. Noch gestern Abend war mir ganz gut. Meine Eltern wissen es ja. Oder besser, schon gestern Abend hatte ich eine kleine Vorahnung. Warum habe ich es nur im Geschäfte nicht gemeldet! Aber man denkt eben immer, dass man die Krankheit ohne Zuhausebleiben überstehen wird. Herr Prokurist! Schonen Sie meine Eltern! Für alle die Vorwürfe, die Sie mir jetzt machen, ist ja kein Grund. Man hat mir ja davon auch kein Wort gesagt. Sie haben vielleicht die letzten Aufträge, die ich geschickt habe, nicht gelesen. Übrigens, noch mit dem Achtuhrzug[41 - der Achtuhrzug – восьмичасовой поезд] fahre ich auf die Reise. Die paar Stunden Ruhe haben mich gekräftigt. Halten Sie sich nur nicht auf[42 - Halten Sie sich nur nicht auf. – Вы только не задерживайтесь.], Herr Prokurist. Ich bin gleich selbst im Geschäft. Haben Sie die Güte[43 - Haben Sie die Güte. – Будьте так любезны.], das zu sagen und mich dem Herrn Chef zu empfehlen!«

Und während Gregor dies alles hastig ausstieß und kaum wusste, was er sprach, hatte er sich leicht dem Kasten genähert und versuchte nun, an ihm sich aufzurichten. Er wollte tatsächlich die Tür aufmachen. Er wollte tatsächlich mit dem Prokuristen sprechen. Was werden die anderen bei seinem Anblick sagen? Werden sie erschrecken? Dann hat Gregor keine Verantwortung mehr. Dann kann er ruhig sein. Werden sie aber alles ruhig hinnehmen? Dann hat auch er keinen Grund sich aufzuregen, Dann kann er sich beeilte, um acht Uhr auf dem Bahnhof sein.

Zuerst glitt er nun einige Male von dem glatten Kasten ab, aber endlich gab er sich einen letzten Schwung und stand aufrecht da. Auf die Schmerzen im Unterleib achtete er gar nicht mehr. Nun ließ er sich gegen die Rückenlehne eines nahen Stuhles fallen, an deren Rändern er sich mit seinen Beinchen festhielt. Damit hatte er aber auch die Herrschaft über sich erlangt und verstummte. Denn konnte er den Prokuristen anhören.

«Haben Sie auch nur ein Wort verstanden?«, fragte der Prokurist die Eltern,»er macht sich doch wohl nicht einen Narren aus uns?«

«Um Gottes willen«, rief die Mutter schon unter Weinen,»er ist vielleicht schwer krank, und wir quälen ihn. Grete! Grete!«schrie sie dann.

«Mutter?«rief die Schwester von der anderen Seite.

Sie verständigten sich durch Gregors Zimmer.

«Du musst augenblicklich zum Arzt. Gregor ist krank. Rasch um den Arzt! Hast du Gregor jetzt reden hören?«

«Das war eine Tierstimme«, sagte der Prokurist.

«Anna! Anna!«rief der Vater durch das Vorzimmer in die Küche. Er klatschte in die Hände.»Sofort holen wir einen Schlosser!«

Und schon liefen die zwei Mädchen durch das Vorzimmer. Sie und rissen die Wohnungstüre auf. Man hörte gar nicht die Türe zuschlagen.

V

Gregor war aber viel ruhiger. Man verstand seine Worte nicht mehr, trotzdem sie ihm genug klar, klarer als früher waren. Aber immerhin glaubte man nun schon daran, dass es mit ihm nicht ganz in Ordnung war. Sie waren bereit, ihm zu helfen. Ihre Zuversicht und Sicherheit taten ihm wohl[44 - taten ihm wohl – подействовали на него благотворно]. Er fühlte sich wieder einbezogen in den menschlichen Kreis. Er erhoffte vom Arzt und vom Schlosser großartige und überraschende Leistungen. Um eine klare Stimme zu bekommen, hustete er ein wenig ab. Im Nebenzimmer war es inzwischen ganz still geworden. Vielleicht saßen die Eltern mit dem Prokuristen beim Tisch und tuschelten. Vielleicht lehnten alle an der Türe und horchten.

Gregor schob sich langsam mit dem Sessel zur Tür hin. Er ließ ihn dort los. Dann warf er sich gegen die Tür, hielt sich an ihr aufrecht. Die Ballen seiner Beinchen hatten ein wenig Klebstoff. Einen Augenblick lang ruhte er sich dort von der Anstrengung aus. Dann aber machte er sich daran, mit dem Mund den Schlüssel umzudrehen. Leider hatte er keine Zähne. Womit sollte er gleich den Schlüssel fassen? Aber dafür waren die Kiefer freilich sehr stark. Mit ihrer Hilfe brachte er auch wirklich den Schlüssel in Bewegung. Und achtete er nicht darauf, dass er sich zweifellos irgendeinen Schaden zufügte. Eine braune Flüssigkeit kam ihm aus dem Mund. Die Flüssigkeit floss über den Schlüssel und tropfte auf den Boden.

«Hören Sie nur«, sagte der Prokurist im Nebenzimmer,»er dreht den Schlüssel um.«

Das war für Gregor eine große Aufmunterung. Aber warum riefen der Vater und die Mutter nicht.

«Frisch, Gregor, immer nur heran, fest an das heran[45 - Immer nur heran, fest an das heran! – Ну-ка давай, ну-ка поднатужься!]!«

Je nach dem Fortschreiten der Drehung des Schlüssels umtanzte er. Jetzt hielt er sich nur noch mit dem Munde aufrecht, und je nach Bedarf hing er sich an den Schlüssel oder drückte ihn dann wieder nieder mit der ganzen Last seines Körpers. Der hellere Klang erweckte Gregor förmlich. Aufatmend sagte er sich:

«Ich habe also den Schlosser nicht gebraucht«.

Dann legte er den Kopf auf die Klinke, um die Türe zu öffnen.