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Unternehmensrecht

Wenn die Vertragsparteien abweichend von § 269 Abs. 1, 2 BGB vereinbaren, dass der Schuldner die Leistung dem Gläubiger bringen muss, spricht man von einer Bringschuld. Die erforderliche Leistungshandlung des Schuldners besteht dann darin, die Sache nicht nur auszusondern, sondern sie auch beim Gläubiger anzudienen.

Zwischen Hol- und Bringschuld liegt die Schickschuld. Bei ihr fallen der Leistungsort (= Erfüllungsort), und der Ort, an dem der Erfolg des Rechtsgeschäfts eintritt (= Erfolgsort), auseinander. Die erforderliche Leistungshandlung des Schuldners besteht dann darin, die Sache ordnungsgemäß zu verpacken und einer Versandperson zu übergeben (vgl. § 447 BGB zum Versendungskauf).

Sonderfall: Geld

Eine Sonderstellung beim Leistungsort nimmt Geld ein. Dieses ist nach § 270 Abs. 1 BGB grundsätzlich als Schickschuld ausgestaltet – der Leistungsort ist also beim Schuldner (§ 270 Abs. 4 BGB i. V .m. § 269 Abs. 1, 2 BGB). Allerdings trägt der Schuldner abweichend vom Normalfall einer Schickschuld das Risiko des zufälligen Untergangs während der Übermittlung (§ 270 Abs. 1 BGB; deshalb „qualifizierte Schickschuld“). Alle anderen Gefahren (v. a. die Verzögerung der Leistung) trägt der Gläubiger.

2.2.2Einwendungen und Einreden

Gegenrechte des Schuldners

Bei Einwendungen und Einreden handelt es sich um Gegenrechte des Schuldners. Auch wenn der Anspruch des Gläubigers zunächst besteht, kann es Geschehnisse geben, wegen derer der Schuldner nicht mehr leisten muss. Der Unterschied zwischen Einwendungen und Einreden besteht dann darin, dass Einwendungen automatisch wirken, während Einreden vom Schuldner geltend gemacht werden müssen.

Erfüllung und Erfüllungssurrogate

Eine zentrale Einwendung des Schuldners ist das Bewirken – also das ordnungsgemäße Erfüllen – der geschuldeten Leistung (§ 362 Abs. 1 BGB). Hierdurch erlischt das Schuldverhältnis und damit auch der Anspruch des Gläubigers auf die Leistung. Erfüllen kann der Schuldner seine Leistungspflicht aber auch durch Aufrechnung (§ 387 BGB). Hat der Schuldner einen gleichartigen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er durch Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB) die Leistungswege abkürzen und sich auch gegen einen leistungsunwilligen Schuldner Befriedigung verschaffen (sog. Privatvollstreckung). Dies kommt v. a. bei gegenseitigen Geldforderungen in Betracht. Die Aufrechnung bewirkt dann ebenfalls, dass die gegenseitigen Forderungen erlöschen (§ 389 BGB).

Ein Schuldverhältnis kann ferner durch Rücktritt vom Vertrag beendet werden (wobei bei Dauerschuldverhältnissen an die Stelle des Rücktritts die Kündigung tritt). Durch den Rücktritt wird der Vertrag durch einseitige Erklärung eines Vertragspartners mit Wirkung für die Zukunft aufgelöst. Ein Rücktritt ist aber nur rechtswirksam, wenn ein vertraglicher oder gesetzlicher Grund hierfür vorliegt, § 346 Abs. 1 BGB.

Einreden des Schuldners

Neben diesen Beendigungstatbeständen für das Schuldverhältnis gibt es auch Situationen, in denen der Schuldner die Leistung durch Einreden verweigern kann. Der Schuldner kann also – obwohl der Anspruch des Gläubigers noch besteht – seine Leistung zurückbehalten.

Relevant ist in diesem Zusammenhang die Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§§ 320, 322 BGB). Grundgedanke dieser Regelungen ist, dass nicht eine Partei zur Vorleistung gezwungen sein soll, wenn eine solche Vorleistung nicht vertraglich vereinbart ist. Erhebt der Schuldner diese Einrede, kommt es in einem Gerichtsprozess ggf. zu einer Verurteilung des Schuldners Zug um Zug gegen Erfüllung der Gegenleistungspflicht durch den Gläubiger.

Verjährung der Forderung

Eine weitere wichtige Einrede des Schuldners ist die Verjährung (§ 194 Abs. 1 BGB). Aus Gründen des Rechtsfriedens ordnet das BGB nach Ablauf einer bestimmten Frist an, dass ein Anspruch vom Gläubiger nicht mehr durchgesetzt werden kann, wenn der Schuldner sich auf Verjährung beruft (§ 214 Abs. 1 BGB).

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Sie beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat (§ 199 Abs. 1 BGB). In manchen Fällen gilt allerdings eine längere Verjährungsfrist, so etwa bei rechtskräftig festgestellten Ansprüchen aus Gerichtsurteilen (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB: 30 Jahre).

Durch bestimmte Maßnahmen kann der Gläubiger eine Hemmung der Verjährung herbeiführen. Dies hat zur Folge, dass die Verjährungsuhr zwar nicht zurückgedreht, der gehemmte Zeitraum in die Verjährungsfrist aber nicht eingerechnet wird, § 209 BGB (die Uhr kommt also zum Stillstand). Wichtige Fälle der Verjährungshemmung sind die Klageerhebung nach § 204 Abs.1 Nr. 1 BGB sowie die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB.

Praxistipp: Erforderlich zur Verjährungshemmung ist grundsätzlich die Einleitung gerichtlicher Schritte. Eine bloße Mahnung des Schuldners durch den Gläubiger reicht hierfür nicht.

2.2.3Leistungsstörungen

2.2.3.1Überblick

Aufbau des Leistungsstörungsrechts

Normalerweise wird ein Vertrag von den Parteien so durchgeführt, wie es zwischen ihnen vereinbart wurde. Gelegentlich treten in der Vertragsabwicklung aber Probleme auf. Das sind die rechtlich interessanteren Fälle. Die Arten solcher Leistungsstörungen unterteilt man in:

–Unmöglichkeit der Leistung

–Verspätung der Leistung

–Verletzung von Rücksichtnahmepflichten

–Mangelhaftigkeit der Leistung.

Während die Voraussetzungen und Rechtsfolgen von Unmöglichkeit, Verspätung und Rücksichtnahmepflichtverletzungen nach dem Klammerprinzip des BGB im Allgemeinen Schuldrecht geregelt werden (§§ 275 ff., 323 ff. BGB), ist die Mangelhaftigkeit der Leistung abhängig vom jeweiligen Vertragstyp (z. B. Kaufvertrag, Werkvertrag). Diese wird deshalb im Besonderen Schuldrecht (z. B. §§ 433 ff. BGB, 631 ff. BGB) normiert.

2.2.3.2Unmöglichkeit der Leistung

Handlungssituation (Fallbeispiel 5)

Heinrich (H) bestellt nach dem missglückten Autokauf beim unseriösen Schlau nun beim angesehen Autohaus des Bertram (B) einen neuen VW Golf mit katalogmäßiger Zusatzausstattung. Als der Wagen bei B eintrifft, stellt er ihn auf seinem Autohof für H bereit, informiert den H darüber und sagt ihm, er möge den Wagen abholen. H kümmert sich darum aber nicht, weil er meint, der Pkw müsse ihm gebracht werden. Als es in der Nacht zu einem Feuer bei B kommt, brennt der für H vorgesehene Wagen komplett aus. H verlangt von B, dass dieser nochmals einen Wagen besorgt.

Zu Recht? (Lösung Seite 50)

•Begriff

Arten von Unmöglichkeit

Die Unmöglichkeit der Leistung ist die schwerste aller Leistungsstörungen. Bei ihr kann der Schuldner grundsätzlich nicht mehr leisten, selbst wenn er dies noch wollte. Es werden aber verschiedene Arten der Unmöglichkeit unterschieden:

Bei der objektiven Unmöglichkeit kann niemand mehr die Leistung erbringen (§ 275 Abs. 1, 2. Var. BGB).

Beispiel: Die verkaufte Sache wird vor der Übereignung an den Gläubiger zerstört.

Bei der subjektiven Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1, 1. Var. BGB) kann nur der Schuldner nicht mehr leisten.

Beispiel: Die verkaufte Sache gehört nicht dem Verkäufer, sondern einem Dritten, dem sie gestohlen wurde.

Bei der wirtschaftlichen Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 2 BGB) kann der Schuldner die Leistung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erbracht werden kann. Im Hinblick auf das Prinzip „pacta sunt servanda“ sind hierbei aber strenge Anforderungen zu stellen.

Beispiel: Der verkaufte Ohrring fällt vor der Übereignung in einen Abwasserkanal.

Bei der psychischen Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 3 BGB) kann der Schuldner die Leistung verweigern, wenn er sie persönlich zu erbringen hat, sie ihm aber unzumutbar geworden ist. Auch in diesem Fall sind nur gravierende Gründe beachtlich.

Beispiel: Ein berühmter Rockstar erfährt kurz vor seinem Auftritt, dass seine Freundin einen Autounfall hatte und schwer verletzt im Krankenhaus liegt.

Nachträgliche ≠ anfängliche Unmöglichkeit

Ferner können die Fälle von Unmöglichkeit nach dem zeitlichen Eintritt des Leistungshindernisses eingeteilt werden. Im Normallfall tritt dieses erst nach Abschluss des Vertrags auf (nachträgliche Unmöglichkeit).

Beispiel: Zunächst wurde der Kaufvertrag abgeschlossen und dann erst die Sache zerstört.

Es ist aber auch denkbar, dass das Leistungshindernis bereits bei Vertragsschluss vorliegt (anfängliche Unmöglichkeit). Auch in einem solchen Fall ist der Vertrag gültig (§ 311a Abs. 1 BGB).

Beispiel: A will dem B seine Katze verkaufen. Zwei Stunden, bevor die beiden in der Wohnung des A den Kaufvertrag abschließen, ist das Tier aber von einem Auto überfahren worden.

•Rechtsfolgen für den Schuldner

Ausschluss der Leistungspflicht

Wenn dem Schuldner seine Leistungspflicht objektiv oder subjektiv unmöglich geworden ist, wird der Anspruch des Gläubigers auf die Leistung ausgeschlossen (§ 275 Abs. 1 BGB). Denn es gilt der Grundsatz, dass niemand zu leisten verpflichtet ist, wenn die Leistung nicht erbracht werden kann. Der Schuldner wird also von seiner Hauptleistungspflicht – etwa der Pflicht zur Übereignung der Kaufsache – frei (Einwendung).

In den Fällen einer wirtschaftlichen oder psychischen Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 2, 3 BGB) ist die Leistung zumindest theoretisch noch erbringbar. Deshalb entfällt der Anspruch des Gläubigers hierauf auch nicht. Allerdings hat der Schuldner ein Leistungsverweigerungsrecht, sodass er entscheiden kann, ob er die Leistung ablehnt (Einrede) oder auch unter wirtschaftlich oder psychisch unzumutbaren Bedingungen erbringen möchte.

Beispiel: Der Verkäufer des Ohrringes kann die Kanalisation absuchen, der Rocksänger trotz der schweren Verletzung seiner Freundin auftreten.

•Rechtsfolgen für den Gläubiger

−Gegenleistung

Entfallen der Gegenleistung

Da der Gläubiger seine ihm vertraglich versprochene Leistung vom Schuldner nicht erhält, stellt sich für ihn die Frage, ob er selbst zur Gegenleistung verpflichtet bleibt. Dies ist gemäß § 326 Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht der Fall; der Anspruch auf die Gegenleistung entfällt vielmehr. Sollte der Gläubiger seine Gegenleistung – z. B. die Kaufpreiszahlung – bereits erbracht haben, so kann er diese nach § 326 Abs. 4 vom Schuldner über §§ 346 ff. BGB (Rücktrittsrecht) zurückverlangen.

Von dem Grundsatz, dass bei Unmöglichkeit des Schuldners auch der Gläubiger nicht mehr zu leisten braucht, gibt es aber nach § 326 Abs. 2 S. 1 BGB Ausnahmen. So muss der Gläubiger seine Gegenleistung weiterhin erbringen, wenn er für die Unmöglichkeit verantwortlich ist (§ 326 Abs. 2 S. 1, 1.Var. BGB).

Beispiel: Nach Vertragsschluss (aber noch vor der Übereignung) will der Käufer eines Autos mit dem Verkäufer noch eine Probefahrt machen, um sich einige technische Details zeigen zu lassen. Wenn der Käufer nun aus Unachtsamkeit einen Unfall mit Totalschaden verursacht, muss er den Kaufpreis bezahlen, obwohl er den Wagen nicht mehr übereignet bekommen kann.

Ausnahme: Annahmeverzug

Häufiger als der eben genannte Fall ist die Ausnahme nach § 326 Abs. 2 S. 1, 2. Var. BGB. Hiernach muss der Gläubiger seine Gegenleistung auch dann erbringen, wenn das Leistungshindernis von keiner Vertragspartei zu vertreten ist (zufällige Unmöglichkeit) und sich der Gläubiger zu dieser Zeit im Annahmeverzug befindet. Annahmeverzug bedeutet, dass der Gläubiger die ihm ordnungsgemäß angebotene Leistung nicht annimmt (§ 293 BGB). Sollte es sich um eine Holschuld handeln, genügt für den Annahmeverzug ein wörtliches Angebot des Schuldners (§ 295 BGB).

Beispiel: Zum vereinbarten Termin holt der Käufer den gekauften Wagen nicht beim Verkäufer ab. Nun wird der Wagen trotz ordnungsgemäßer Absicherung durch den Verkäufer von einem unbekannten Dieb gestohlen. Hier muss der Käufer den Kaufpreis bezahlen, obwohl er den Wagen nicht mehr übereignet bekommt.

−Schadensersatz

Anspruch auf Schadensersatz

Unter Umständen genügt es dem Gläubiger nicht, lediglich von seiner Leistungspflicht befreit zu werden. Denn evtl. ist ihm durch die Unmöglichkeit der Leistung des Schuldners ein Schaden entstanden. Dann stellt sich für den Gläubiger die Frage, ob er diesen vom Schuldner ersetzt bekommt. Das richtet sich nach den §§ 280 ff. BGB. Diese Normen enthalten ein komplexes Haftungssystem für die verschiedenen Arten von Leistungsstörungen.

§ 280 BGB ist die zentrale Haftungsnorm für Leistungsstörungen in Vertragsbeziehungen. Die §§ 281 bis 283 BGB enthalten zusätzliche Voraussetzungen, wenn es um einen Schadensersatz statt der Leistung geht, § 280 Abs. 3 BGB.

Die vier Grundvoraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB sind:

–Schuldverhältnis

–Pflichtverletzung

–Verschulden

–Schaden.

Unter einem Schuldverhältnis (§ 241 Abs. 1 BGB) versteht man eine Sonderbeziehung zwischen zwei Personen. Es kommt insbesondere durch einen Vertrag zustande.

Eine Pflichtverletzung besteht in der nicht ordnungsgemäßen Leistungserbringung. Da die nachträgliche Unmöglichkeit eine Leistungsstörung ist, stellt sie eine Pflichtverletzung aus dem Schuldverhältnis dar.

Verschulden des Schuldners

Problematisch ist häufig das Verschulden (= Vertretenmüssen) des Schuldners. Wann ein Verschulden vorliegt, bestimmt § 276 BGB. Demnach muss der Schuldner entweder vorsätzlich (= mit Wissen und Wollen) oder fahrlässig (= unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, § 276 Abs. 2 BGB) handeln. Bei § 280 Abs. 1 BGB wird das Verschulden allerdings vermutet, was sich aus der Negativformulierung in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB („gilt nicht, wenn … nicht zu vertreten“) ergibt. Demnach muss nicht der Gläubiger – wie an sich üblich – die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage und damit hier des Verschuldens durch den Schuldner beweisen. Vielmehr muss umgekehrt der Schuldner sein fehlendes Verschulden im Streitfall nachweisen.

Praxistipp: Diese Umkehr der Beweislast spielt in Gerichtsprozessen eine große Rolle, wenn die Frage des Verschuldens trotz einer Beweisaufnahme nicht aufgeklärt werden kann.

Verschuldenszunehmung bei Erfüllungsgehilfen

In diesem Zusammenhang ist ferner zu beachten, dass der Schuldner gemäß § 278 BGB für das Verschulden von Personen, die mit seinem Willen in seinem Pflichtenkreis tätig werden (sog. Erfüllungsgehilfen), wie für eigenes Verschulden haften muss. Der Grund für diese Verschuldenszurechnung liegt in der rechtlichen Sonderverbindung zwischen den Vertragsparteien. Denn wenn es dem Schuldner erlaubt ist, für die Erfüllung seiner Vertragsverbindlichkeiten Hilfspersonen einzusetzen, ist es gerecht, dass er für diese auch haftet.

Beispiel: Der Inhaber einer Autowerkstatt kann sich gegenüber einem Kunden nicht darauf berufen, dass nicht er den reparierten Wagen bei einer Kontrollfahrt zu Schrott gefahren hat, sondern sein Angestellter.

Schließlich muss für eine Haftung nach § 280 Abs. 1 BGB dem Gläubiger ein Schaden entstanden sein. Unter einem Schaden versteht man ein unfreiwilliges Vermögensopfer.

Beispiel: Mehrkosten für ein wegen der Unmöglichkeit erforderliches Deckungsgeschäft (etwa Kauf einer gleichwertigen Ersatzsache); entgangener Gewinn wegen eines gescheiterten Weiterverkaufs der zerstörten Kaufsache (vgl. § 252 BGB).

Schadensersatz statt ≠ neben der Leistung

Bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Schuldner im Falle von Unmöglichkeit auf Schadensersatz haftet, ist maßgeblich, ob es sich bei dem Schaden um einen solchen „statt“ oder „neben“ der Leistung handelt. Denn nach § 280 Abs. 3 BGB kann der Gläubiger Schadensersatz statt der Leistung nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 281 bis 283 BGB verlangen. Schadensersatz statt der Leistung bedeutet, dass der Anspruch ein Äquivalent für die Leistung ist, der Schadensersatz also an die Stelle der untergegangenen Leistung tritt.

Zusatzvoraussetzungen bei Schadensersatz statt der Leistung

In einem weiteren Schritt muss dann gemäß § 280 Abs. 3 BGB geprüft werden, welche Zusatznorm der §§ 281 bis 283 BGB im Falle von Unmöglichkeit gilt. Dies ist § 283 BGB, da nur diese Vorschrift – und nicht § 281 BGB oder § 282 BGB – auf § 275 BGB und damit die Leistungsstörung Unmöglichkeit zurückverweist. Nach § 283 S. 1 BGB gibt es für den Schadensersatz statt der Leistung bei Unmöglichkeit aber keine Zusatzvoraussetzungen, da lediglich auf die allgemeine Haftungsnorm des § 280 Abs. 1 BGB zurückverwiesen wird.

Neben diesen Fällen der nachträglichen Unmöglichkeit ist noch der Schadensersatz bei anfänglicher Unmöglichkeit zu erörtern. Bei ihr liegen – wie dargestellt – zunächst das Leistungshindernis und dann erst der (gleichwohl wirksame) Vertragsschluss vor, § 311a Abs. 1 BGB. In einer solchen Situation ergibt sich der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus der Sondervorschrift des § 311a Abs. 2 BGB.

Nach § 311a Abs. 2 S. 2 BGB kommt es für die Haftung des Schuldners darauf an, ob er das Leistungshindernis bei Vertragsschluss kannte bzw. seine Unkenntnis zu vertreten hat (sog. Informationsverschulden). Auch hier wird – erkennbar an der Negativformulierung („gilt nicht, wenn … nicht kannte“) – das Verschulden des Schuldners vermutet. Der Schuldner muss zu seiner Entlastung also beweisen, dass er bei Vertragsschluss das Leistungshindernis nicht kannte und diese Unkenntnis auch nicht fahrlässig (§ 276 Abs. 2 BGB) ist.

Beispiel: Im „Katzenfall“ wusste der Verkäufer vom Tod des Tiers wohl nichts, da er andernfalls den Kaufvertrag kaum abgeschlossen hätte. Es dürfte ihm aber Fahrlässigkeit hinsichtlich seiner Unkenntnis vorzuwerfen sein, weil er sich immerhin zwei Stunden vor Vertragsschluss nicht über den Zustand der verkauften Katze informiert hat (zumindest wird dieses Informationsverschulden vermutet).

Lösung zur Handlungssituation (Fallbeispiel 5)

Zu prüfen ist der Anspruch des H gegen B auf Lieferung eines VW Golf mit Zusatzausstattung gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB.

Ein wirksamer Kaufvertrag wurde zwischen H und B abgeschlossen. Damit ist der Übereignungsanspruch des H grundsätzlich gegeben. Der Anspruch könnte aber gemäß § 275 Abs. 1 BGB erloschen sein. Demnach ist der Schuldner zur Leistung nicht verpflichtet, wenn sie unmöglich ist. Fraglich ist hier also, ob Unmöglichkeit vorliegt.

Objektive Unmöglichkeit ist gegeben, wenn die Kaufsache zerstört ist. Dies scheint hier der Fall zu sein. Allerdings ist zu beachten, dass es um eine Gattungsschuld (§ 243 Abs. 1 BGB) geht. Denn H hat einen Golf mit katalogmäßiger Zusatzausstattung bestellt, nicht hingegen ein Einzelstück. Unmöglichkeit wäre also erst gegeben, wenn die gesamte Gattung (d. h. alle Golf mit dieser Zusatzausstattung) untergegangen wäre. Das ist hier offensichtlich nicht der Fall.

Möglicherweise beschränkt sich aber die Gattungsschuld auf den einen bei B stehenden Golf. Dies ist nach § 243 Abs. 2 BGB der Fall, wenn der Schuldner alles zur Leistung seinerseits Erforderliche getan hat (Konkretisierung). Was das ist, hängt von der Art der Leistung ab. Hier wurde keine Vereinbarung zum Leistungsort getroffen. Daher ist vom gesetzlichen Regelfall der Holschuld auszugehen (§ 269 Abs. 1 BGB). Insoweit genügt es für § 243 Abs. 2 BGB, dass der Schuldner aus der Gattung ein Stück aussondert, es bereitstellt und den Gläubiger zur Abholung auffordert. Das hat B getan. Damit beschränkte sich seine Leistungspflicht auf den auf seinem Hof stehenden Golf. Mit dessen Untergang ist Unmöglichkeit eingetreten.

Ergebnis: B muss nicht nochmals einen Wagen besorgen.

Anmerkung: Grundsätzlich muss H dann auch den Kaufpreis nicht bezahlen, § 326 Abs. 1 S. 1 BGB. Etwas anderes gilt aber hier, weil H im Annahmeverzug ist (§§ 293, 295 BGB). In diesem Fall trägt er die Gefahr des zufälligen Untergangs – sprich: er muss zahlen, obwohl er den Wagen nicht bekommt (§ 326 Abs. 2 S. 1, 2. Var. BGB).

2.2.3.3Verspätung der Leistung

Verzug des Schuldners

Die Verspätung der Leistung ist im Vergleich zur Unmöglichkeit eine weniger gravierende Leistungsstörung. Sie tritt in der Praxis jedoch wesentlich häufiger auf. Bei der Verspätung der Leistung geht es darum, dass der Schuldner zwar leisten kann, dies aber nicht pünktlich macht. Dann stellt sich die Frage, welche Rechte der Gläubiger gegen den Schuldner hat.

Handlungssituation (Fallbeispiel 6)

Ein guter Freund des Heinrich, der Anton (A), will am Abend des 12.10. eine Kneipe eröffnen. Hierzu benötigt er eine Zapfanlage, die er beim Zapf (Z) bestellt und die im Hinblick auf den besprochenen Eröffnungstermin am 11.10. installiert werden soll. Als am Morgen des 12.10. aber immer noch kein Z in Sicht ist, lässt sich A eine Anlage vom Konkurrenten des Z, dem Bräu (B), liefern. Am 13.10. erklärt A dem Z, dass er vom Vertrag zurücktrete. Z verlangt jedoch Zahlung Zug um Zug gegen Lieferung der Zapfanlage.

Zu Recht? (Lösung Seite 54)

•Ersatz des Verzögerungsschadens

Vorraussetzungen für Ersatz des Verzugsschadens

Der Ersatz des Verzögerungsschadens stellt einen Schadensersatz neben der Leistung dar. Denn in diesen Fällen beansprucht der Gläubiger die Leistung vom Schuldner trotz der Verspätung auch weiterhin und er will nur zusätzlich den eingetretenen Verzögerungsschaden ersetzt bekommen. Damit der Anspruch besteht, muss der Schuldner in Verzug sein (§§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB).

Die Voraussetzungen hierfür sind:

–Möglichkeit der Leistung

–Durchsetzbarkeit der Forderung

–Fälligkeit der Forderung

–Mahnung durch den Gläubiger, soweit nicht entbehrlich

–Verschulden

–Verzögerungsschaden.

Der Schuldnerverzug setzt zunächst die Möglichkeit der Leistung voraus. Dies grenzt diese Leistungsstörung von der Unmöglichkeit ab. Wenn der Schuldner also zwar leisten will, aber nicht kann, handelt es sich nicht um Schuldnerverzug.

Die Forderung des Gläubigers muss ferner bestehen und auch durchsetzbar sein. Ihr dürfen also keine Einwendungen (z. B. Erfüllung) oder Einreden (z. B. Verjährung) entgegenstehen.

Die Forderung des Gläubigers muss des Weiteren fällig sein. Soweit zwischen den Parteien eine Leistungszeit nicht vereinbart wurde, ist eine Forderung – wie bereits ausgeführt – sofort fällig (§ 271 Abs. 1 BGB).

Mahnung des Schuldners

Zentrale Voraussetzung des Schuldnerverzugs ist grundsätzlich die Mahnung des Schuldners durch den Gläubiger (§ 286 Abs. 1 BGB). Unter einer Mahnung versteht man eine ernsthafte Aufforderung zur Leistung. Sie unterliegt keinem gesetzlichen Formzwang und kann deshalb auch mündlich erfolgen.

Praxistipp: Aus Gründen der Beweisbarkeit sollte eine Mahnung jedoch besser schriftlich sein.

Einer Mahnung gleichgesetzt sind nach § 286 Abs. 1 S. 2 BGB die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren. Die Einleitung gerichtlicher Schritte durch den Gläubiger ist nämlich eine besonders ernsthafte Leistungsaufforderung an den Schuldner.

Ausnahmen von Mahnungserfordernis

Vom grundsätzlichen Erfordernis einer Mahnung zum Eintritt des Schuldnerverzugs gibt es aber auch Ausnahmen. Nach § 286 Abs. 2 BGB ist eine Mahnung entbehrlich, wenn die Leistungszeit nach dem Kalender bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Denn in diesen Fällen mahnt das Datum den Schuldner zur pünktlichen Leistung. Eine Mahnung ist ferner entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, da eine Mahnung bei einem erklärtermaßen leistungsunwilligen Schuldner reine Förmelei wäre. Des Weiteren bedarf es keiner Mahnung, wenn besondere Umstände einen sofortigen Verzugseintritt rechtfertigen. Hierzu zählt etwa eine sog. Selbstmahnung, also wenn der Schuldner dem Gläubiger eine alsbaldige Leistung ankündigt und sich dann nicht daran hält. Schließlich kommt der Schuldner einer Entgeltforderung gemäß § 286 Abs. 3 BGB spätestens – also ohne vorherige Mahnung – in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung leistet; bei einem Schuldner, der Verbraucher ist (§ 13 BGB), bedarf es hierfür aber eines entsprechenden Hinweises in der Rechnung.