Книга Apostasie - читать онлайн бесплатно, автор Marie Albes. Cтраница 3
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Apostasie
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Apostasie

Bevor er die Kirche verließ, konnte er nicht anders, drehte sich um und fühlte sein Herz springen als er Chiara sah. So hieß sie also, diese hübsche Nonne, welche regungslos dastand.

„Tschüs“, verabschiedete er sich mit heiterer Stimme.

„Tschüs“, antwortete sie und winkte schwach mit der Hand.

Schwester Costanza war scharfsinnig und still. Die wenigen Male, die sie ein Wort sprach, machte sie kein einziges Kompliment, aber scharfsinnig war sie.

Sie bemerkte etwas Ungewöhnliches im Verhalten von Chiara, der hübschen Schwester, wie der Spanier José Velasco alle sie nennen hörte. Ihr war nicht das leichte Zusammenfahren ihrer Schultern entgangen, als er sich zur Tür zurückdrehte.

Tschüs“, seit wann verabschieden sich zwei Fremde mit „Tschüs“? Hinzu kommt dieser liebliche Ton voller Andeutungen ...

Sie hatte sofort verstanden, dass sie sich nicht zum ersten Mal begegnet sind. Aber warum hatten sie vorgetäuscht, sich zum ersten Mal zu begegnen?

„Waren sie bereits in Italien, Herr Velasco?“, fragte sie beim Laufen, ohne sich umzudrehen.

„Nein, nunca... nie“, log José.

„Sie sprechen aber bereits gut Italienisch.“

¿Es un interrogatorio?‘ und fühlte sich ausgefragt.

„Das habe ich im Sprachkurs de los a ños gelernt , señora. Ich habe viele Italiener gennengelernt .“

Señora‘ - Es war nicht nur unhöflich, sie derart unpassend für eine Nonne anzureden, zudem hatte er sie mit signora anstatt signorina angesprochen. Im Grunde hatten sie das gleiche Alter.

„ Das gilt nicht nur für die Äbtissin.“

„Was?“

„ Sie sollen mich nicht señora nennen, sondern Schwester Costanza.“

José antwortete nicht. Er wusste, wie auch immer er geantwortet hätte, seine Stimme hätte seine Abneigung durchscheinen lassen, die er mit einem Mal für diese neugierige und unbehagliche Monja verspürte . Beim Laufen kratzte er sich den Hals und blickte nach oben. Wie sehr hätte sich gewünscht, wenn Chiara ( Ordensschwester Chiara, er erinnerte sich an ihr Gelübde und korrigierte sich) ihn anstelle von Schwester Costanza begleitet hätte.

„Hier sind wir“, erklärte sie und hielt vor der Tür der Wohnstätte für Arbeiter, die nahe der Klostermauer gelegen war, die das Kloster schützte. „Die Äbtissin hat sie über den Tagesablauf des Klosters informiert und somit verabschiede ich mich von Ihnen.“

Steif nickte sie mit dem Kopf und drehte sich um.

Gracias ... Schwester Costanza“, bedankte sich José und betrat die Schwelle zum Gebäude, dabei gelang es ihm nicht, seine gereizte Stimme zu unterdrücken.

* * *

Chiara wusch sich die Hände, ging in die Kantine und nahm ihren Platz hinter der Theke ein, um die Tischgäste zu bedienen.

Als die Personen mit ihrem Tablett in der Hand erschienen, lud ihnen Chiara kleine Mengen der bescheidenen Gerichte auf, die das Menü des Abends umfassten.

Auch José kam an die Reihe, setzte das Tablett sanft vor ihr ab und wartete bis sie seinen Teller gefüllt hatte.

Gracias“, bedankte er sich höflich, aber Chiara antwortete ihm ausschließlich mit einem Lächeln.

José lächelte ihr zurück und in diesem Augenblick entstand zwischen den beiden ein gewisses, geheimes Verständnis für einander, das sie nicht erwartet hatten.

Die Äbtissin beobachtete ihn aus der Ferne und behielt alles im Auge. Sofort bemerkte sie den unruhigen Gesichtsausdruck in Chiaras Gesicht, sowie das offensichtliche Interesse von José. Sie besänftigte sich, dass kein Grund zur Unruhe bestände.

Noch nicht.

* * *

Nach dem Essen stellte José den Teller auf den Wagen für das schmutzige Geschirr und ging auf sein Zimmer, das er mit zwei Obdachlosen teilte.

Er ließ sich auf das Bett fallen. Mit den Händen im Nacken blickte er in den Sternenhimmel, den er durch ein kleines Fenster wie ein Bild in der Steinmauern über sich sah.

Gewiss war es unmoralisch, ein Bett zu belegen, das für Personen bestimmt war, die obdachlos sind und keine Arbeit haben. Er hatte aber seine Gründe und machte seine Reise für ein wichtiges Vorhaben. Es gab somit keinen Anlass für Gewissensbisse.

Selbstverständlich konnte er den Ordensschwestern nicht anvertrauen, dass wenn er gewollt hätte, es für ihn leicht gewesen wäre, eine Arbeit an Bord eines Schiffes zu finden. Seit mehr als zehn Jahren ist er Seemann gewesen.

Nein ...‘, dachte er, ‚ wenn die das erfahren, würden sie mich wegschicken und ich könnte mit meinen Nachforschungen nicht weiterkommen.‘

Nicht schlecht! Er kam bei seinem Anliegen weiter und es war richtig zu bleiben. Im Grunde war es nicht schlecht, eine Weile auf diesem friedvollen Land zu verbringen. Er hatte viele Jahre auf dem Meer und in den Häfen verbracht.

„Es ist seltsam, nicht wahr?“

José drehte sich um und sah einen Mann um die Dreißig. Dieser saß auf der unteren Matratze seines Etagenbettes und schaute ihn wohlwollend an.

„Entschuldige bitte, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Ich bin Jacopo“, er stand auf und reichte ihm die Hand.

„José Velasco“, stellte er sich vor, während sich Jacopo erneut auf die Matratze setzte.

José betrachtete zuerst ihn, dann den Mann auf der oberen Matratze des Etagenbettes, welcher offenbar tief schlief. Er überlegte einen Augenblick, ob er das Gespräch fortsetzen sollte, das den anderen Gast hätte stören können.

Zumindest galt auf dem Schiff: Wenn ein Kollege schlief, durften die anderen im Zimmer keinen Lärm machen. Es gab andere Möglichkeiten für ausgelassene Gespräche.

„Ah, mach dir keine Sorgen. Wenn Lorenzo schläft, hört er nichts, nicht einmal eine verstimmte Musikband.“

Was empfindest du für seltsam?“, fragte José, um auf den Beginn des Gesprächs zu antworten.

„Hier zu schlafen und zu leben. Am Anfang ist es immer seltsam.“

„Ja, das stimmt. Dime, wie sind die monjas? Entschuldige, die Schwestern?“

„Was meinst du damit: „Wie sie sind?“, fragte Jacopo mit einem amüsierten Ausdruck, den José sofort bemerkte.

„Vom Charakter obviamente!“

Jacopo kicherte. „Ja! War ein Scherz! Beruhige dich. Sie sind nicht besonders ... wie sagt man auf Spanisch? Bonita? Richtig?“

„Ja, es heißt bonita, aber ich bevorzuge hermosa.

Hermosa“, wiederholte er. „Sie sind nett und hilfsbereit. Nicht alle, um genau zu sein. Man kann sie sicher nicht als hübsch definieren!“

José wollte ihm widersprechen, aber er dachte, es wäre unpassend. Es war Jacopo, der sich korrigierte.

„Obwohl manche dieser Nonnen, genau genommen wenige, außerordentlich hübsch sind und ihr Gelübde bedauert. Aber wir sind nicht gekommen, um unsere Traumfrau zu finden, sondern aus Not und die Ordensschwestern können hilfsbereit und nett zu uns Armen sein. Aber wie ich dir sagte, ist es eigenartig hier im Kloster zu leben, zumindest am Anfang.“

„Ja, extraño ...“

José Velasco in einem Kloster. Er musste beinah lachen.

Seine Freunde hätten sich bis zur Ratlosigkeit lustig über ihn gemacht. Sie wären überzeugt gewesen, dass er sich amüsierte, in einen Ort des Gebets Chaos zu bringen. Um ehrlich zu sein, hatte er keine Lust, mit der Unerfahrenheit und Schüchternheit jener Frauen zu spielen, die dem Zölibat bestimmt sind. Er fühlte sich aber nicht unwohl, wie Jacopo behauptet hat.

Es war eigenartig, das stimmt, aber nicht auf diese Art eigenartig.

„Gute Nacht!“, sagte der Mitbewohner als er sein Schweigen vernahm.

Buenas noches!“, antwortete José, dessen Gedanken woanders waren.

Sie sind nett und hilfsbereit“, hatte Jacopo gesagt, „nicht alle, um ehrlich zu sein.“

Hermosa.

Sein Verstand rief erneut dieses unpassende Adjektiv auf, während er an Nonnen dachte, vor allem an eine Nonne.

Ja, sie war die Netteste von allen. Ihr einfaches Lächeln zeigte wie liebenswert und entzückend sie ist, sowie hermosa und bildhübsch.

Er schüttelte den Kopf, um den dummen Gedanken zu vertreiben und drehte sich zur Wand, um zu schlafen.

Während José einschlief und an das Gesicht von Chiara dachte, war die junge Ordensschwester nach dem Abendgebet in der Gruppe in ihr Zimmer zurückgekehrt.

Sie zog sich ihr Nonnengewand aus und ein züchtiges Nachthemd an. Dann löste sie den Zopf, der ihre schulterlangen Haare zusammenband und legte sich in ihr weißes Bett.

Sie schaute an die steinerne, kahle Decke und dachte, wie sonderbar dieser Tag gewesen war, obwohl nichts Unübliches geschehen war. Warum fühlte sie sich derart emotionsvoll?

Wegen was?‘, fragte sich Chiara. ‚ Im Grunde haben ich die gleichen Dinge wie alle anderen Tage auch getan. Nichts mehr und nichts weniger.‘

Es musste der Frühling sein. Sie liebte diese Saison und fühlte sich immer ausgezeichnet. Dies erklärt sicher diese seltsame Euphorie.

¿Son perfumadas?”, die Stimme des jungen Spaniers hallte noch im Kopf von Chiara und ertappte sie unvorbereitet bei der Intensität dieser Erinnerung.

Chiara stand abrupt auf, ging zum kleinen Spiegel an der Wand und betrachtete ihr Gesicht, das ihr pochte und glühte.

Sicherlich habe ich Fieber‘, dachte sie sich. Sie nahm den Krug, der auf der Kommode unter dem Spiegel stand. Am Waschbecken befeuchtete sie ihre Hände und legte sie auf ihr Gesicht. Sie waren angenehm und erfrischend. Ihre Wangen nahmen allmählich ihre natürliche Farbe an.

Sie ging zurück ins Bett, drehte sich auf die Seite und rollte sich unter die dünne Decke. Mit großen Augen starrte sie in die Dunkelheit des Zimmers und betrachtete jeden Schatten.

An diesem Abend atmete Chiara zum ersten Mal mit neuer Zuversicht und andersartig, was für die junge Nonne noch schwer zu verstehen war.

siete

„Chiara, es ist spät!“

„O, du meine Güte!“ sagte sie erschrocken als sie aufwachte.

„Wie spät ist es, Claudia?“

„Es ist kurz vor sechs!“ Die dicke Holztür dämpfte die Stimme ihrer Freundin, die hektischer als gewöhnlich war.

„Schläfst du noch? Beeile dich, sie warten mit den Morgengebeten auf uns!“

Chiara stieg eilig aus dem Bett. Sie hastete zum kleinen Ankleideraum, der mit dem Zimmer verbunden war und in dem sich das Nötige befand, um sich zu waschen und zu kämmen. Schließlich beeilte sie sich, ihr Nonnengewand anzuziehen.

Sie eilte hinaus und steuerte auf die angrenzende Kapelle zu. Wieder hielt sie sich wie gewohnt mit der Hand an den Kopf, damit das Kopftuch beim Rennen nicht wegrutschte.

Zum Glück bemerkte keine Ordensschwester ihre Beinahe-Verspätung und das Murmeln der Litaneien dämpfte das keuchende Atmen der jungen Nonne.

An diesem Morgen bemerkte Chiara ihr Nicht -Beten: Zum ersten Mal waren ihre Gedanken woanders, während sie die liturgischen Worte auswendig vor sich hin murmelte. Zum Vater-Unser und zum Ave Maria fantasierten die Gedanken von Chiara über das, was sie an diesem Tag machen wird.

Zuerst wird sie mit Claudia hinter die Kirche gehen, um den Gemüsegarten zu bearbeiten (die größeren Felder bewirtschafteten die Helfer). Anschließend würde sie in der Schule eine Stunde Geschichte und Erdkunde in zwei Klassen unterrichten.

Anschließend wird zum Angelusgebet geläutet: Danach wird sie in die Kantine gehen, um den Schülern, Armen und Arbeitern das Mittagessen zu servieren. Im Anschluss wird sie mit den anderen Ordensschwestern essen und sich mit ihnen zum Gebet vereinen.

Am Nachmittag wird sie ins Waisenhaus des Dorfes gehen, um den anderen Nonnen zu helfen und dann ... Das war es, was sie an diesem Mai-Morgen neugierig machte.

Nach dem Waisenhaus, von vier bis fünf Uhr, würde sie sich, wie es ihr die Äbtissin aufgetragen hatte, zur südlichen Bibliothek begeben, um José Velasco in Italienisch zu unterrichten.

Chiara war froh über diese Aufgabe: Es ist schön, Menschen in Not zu helfen, wiederholte sie sich. Es müsse schrecklich sein, sich in einem neuen Land zu befinden, allein und vor allem ohne die Sprache zu beherrschen. Um ehrlich zu sein, benötigte dieser junge Mann im Italienischen nicht viel Hilfe.

Ja, aus diesem Grund habe ich mich entschieden, einen religiösen Weg zu gehen: um anderen zu helfen und das bereitet mir Freude.‘

Irgendetwas in ihr sagte ihr aber, dass die Freude in diesem Fall nicht nur aus Nächstenliebe sondern aus persönlicher Vorliebe bestand.

Wie dem auch sei, eine Nonne durfte nicht an das Eigeninteresse denken.

An diesem Morgen war es für José schwieriger als gewöhnlich, aus dem Bett aufzustehen.

Nicht, dass er es nicht gewohnt war, früh aufzustehen: Auf den Schiffen war er anstrengende Schichten gewohnt. Er hatte gehofft, sich während der Reise auszuruhen, stattdessen musste er hier arbeiten.

Er stand somit widerwillig auf und nach der Dusche ging er zur Kantine, um zu frühstücken und suchte vergebens den Blick der freundlichen Schwester Chiara. Offenbar gehörte es nicht zu ihren Aufgaben, den Armen das Frühstück zu servieren. Aber das machte nichts, er würde sie am Nachmittag sehen.

Es freute ihn, sie zu treffen. Sie war die Sympathischste sowie Schönste im Kloster. Es reizte ihn, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Es machte aber keinen Sinn: Sie war eine Nonne. No-n-ne.

Mon-ja. No-n-ne.

Nach dem Frühstück folgte er den anderen Arbeitern und arbeitete auf den Feldern im kirchlichen Eigentum im Tausch gegen eine Mahlzeit und ein Dach über dem Kopf. Den Boden zu bearbeiten war anstrengend. Es konnte aber auch entspannend sein und Spannungen abbauen. Dabei macht er sich Gedanken zu den Nachforschungen, die er durchführen musste, und wie sein Vorgehen aussah. Da er nahe am Ziel war, nahm er sich vor, keine Fehler zu machen.

Um zwölf Uhr wurde zum Angelusgebet geläutet und er setzte sich mit seinen Gefährten in den Schatten einiger Bäume. Sie aßen das von einer Gruppe Frauen gebrachte Mittagessen.

José war ein charmanter, junger Mann und befand sich somit im Rampenlicht. Die Frauen betrachteten ihn mit hingebungsvollen Augen, fasziniert von diesen hübschen, jungen, gebräunten Mann, dieses Detail machte ihn noch attraktiver.

Er fand sie hingegen berechenbar, langweilig und einfach. José war sich seiner Attraktivität bewusst, die er auf viele Frauen hatte. Er versuchte diese Eigenschaft mit einem kumpelhaften Lächeln zu maskieren, um sie sich zu seinem Gunsten zu bewahren, falls er sie später für einen Gefallen brauchte.

„Mein lieber Mann, bist du der neue Liebesgott?“, machte sich Jacopo über ihn lustig. Er setzte sich neben ihn, während sich die kleine Frauengruppe entfernte und sich des Öfteren eine Frau umdrehte, um nach José zu schielen.

¿Entonces ?“, fragte er, während er auf einem Stück Brot kaute.

„Sprich Italienisch, mein Freund, ich kann dich nicht verstehen.“

„I ch kann nicht bien Italienisch, Jacopo, por eso habe ich Unterricht!“

„Du kannst die Ordensschwestern täuschen, mich nicht. Gib zu, dass der Unterricht eine Ausrede ist.“

Der Spanier runzelte für einen Moment die Stirn und fürchtete, entdeckt zu sein.

„ Na komm, gib es zu!“ Jacopo füllte ein Glas Wein und reichte es ihm. „Du gehst zum Unterricht, um eine Stunde Arbeit zu schinden! Wenn ich es richtig verstanden habe, ist es Schönauge, die dich unterrichtet, das muss angenehm sein.“

Die Schultern von José fielen herab und entspannten sich. Jacopo hatte ihn nicht hinterschaut.

¿Ojos lindos? “, fragte er.

„Schwester Chiara, die Hübsche. Viele nennen sie so, weil sie so eigenartige Augen hat und ebenso bezaubernde.“

Wunderschöne , wollte José erwidern, schwieg aber.

Tú eres ein kluger Kerl, Jacopo. Pero yo realmente tengo que ...“ , er hielt inne, um den Satz zu übersetzen, oder tat zumindest so. „ Ich brauche algunas Unterricht.“

„Vielleicht ist es so“, schloss Jacopo und zuckte gedankenlos die Schultern. „Was hast du mich gefragt als du sagtest: ‚ Entonces‘ ?“

„Ich sagte: ‚Ja und?‘ Warum sollte ich der neue Dios del Amor sein?

„Sei nicht bescheiden, José!“, erwiderte er und nahm sich ein Stück Käse. „Die italienischen Frauen lieben die Spanier und Ausländer. Sag mir nicht, dass du das nicht bemerkt hast“, er wies auf die vielen Speisen vor José, welcher amüsiert kicherte. „Genau, du hast es bemerkt und reitest auf dieser Welle, mein Freund. Du machst es richtig. Ich stimme dir zu. Welche hast du im Auge?“

„Was?“

„Mit welcher wirst du es versuchen, fragte ich.“

„Du meinst, ob ich eine Frau cortejar werde?“

„Umwerben, anbaggern oder wie du es nennen magst.“

José lächelte. „Nein, im Moment habe ich no tiempo für eine Beziehung.“

„Wer redet denn von einem ernsthaften Verhätnis? Ich sprach von einer Gelegenheitsbeziehung, ohne Verpflichtungen noch Probleme.“

José schüttelte belustigt den Kopf.

„Jacopo, hast du vergessen, dass wir in einem convento wohnen?“

„Technisch gesehen, leben wir außerhalb der Mauern des Klosters.“

Mit dieser Klarstellung des übermütigen Italieners fingen die beiden jungen Männer an, vergnügt zu lachen.

„In Spanien sagen wir tengo que llevarte la corriente , ich muss dir Recht geben“, erklärte José nachdem er einen Schluck Wein verköstigt hatte. „Jacopo, abgesehen vom Kloster, tú sabes que eine Gelegenheitsbeziehung, wie wie du sie nennst, zu problemas führen kann: Frauen sind immer eine Quelle für Probleme. Es ist besser, wenn ich mich für eine Weile vom sexo débil entfernt halte .“

„Gesegnet seist du, der es schafft“, schloss Jacopo das Gespräch. Jacopo richtete sich auf, um zu einem Mädchen zu gehen, das ihm in diesem Moment von weitem gewinkt hatte.

Alleine zurückgeblieben, leerte José sein Weinglas und aß weiter, dann legte er sich hin, um sich auszuruhen. Die Sonne schien warm, aber angenehm warm. Die Luft war kühl und die Bienen flogen von Blume zu Blume, um Pollen zu sammeln und zu verteilen. Sie füllten die Luft mit einem frühlingshaften Summen. Das Land war auf jeden Fall anders als das Meer. Er hatte beinahe vergessen, dass es wertvolle Gaben barg, welche die Menschen kaum wahrnahmen.

Er dachte eine Zeit lang an die Natur und die Welt. Schließlich wanderten seine Gedanken einen Schritt zurück zu den Worten von Jacopo über die Frauen, die ihn vergötterten.

Ja, er hatte keine Zeit für eine Beziehung. Eine wenig erzwungene Keuschheit zu überleben, war sicher keine Tragödie. Dadurch würde er sich von lästigen Problemen fern halten, die in entzückenden Röcken gekleidet waren. Sie entstanden immer dann, wenn er sich in die Arme von einer Pandemia und Eros warf.

Vielleicht war er aus diesem Grund froh, mit dem Mädchen mit den bezaubernden Augen die Zeit zu verbringen. Obwohl sie nett und hermosa war, blieb sie stets eine Nonne und würde sich als solche nicht in ihn vergucken.

Genauso wie er sich nicht in eine Frau wie sie verliebt.

Wie behaglich sind die Zuverlässigkeiten des Lebens: Sie verleihen dir Stärke und Sicherheit - zumindest für einen Augenblick.

* * *

José sah auf die Uhr: Es war drei Uhr vierzig nachmittags, so dass er sich den Rucksack aufsetzte und in Richtung Kloster ging, wo er den Italienischunterricht besuchen würde.

Er mochte Sprachen, um in der Lage zu sein, mit anderen Menschen mit den richtigen Worten zu kommunizieren. Jemand anderes an seiner Stelle hätte es als verschwendete Zeit betrachtet, ihm hingegen gefiel es. Obwohl er ein gutes italienisches Basiswissen hatte (ein Detail, das der verdrießlichen Nonne nicht entgangen war), wollte er sich das Verbessern seiner Aussprache und die kostenlose Spracherweiterung nicht entgehen lassen.

Sobald er in den Hof des Klosters kam, wurde ihm bewusst, dass er nicht wusste, wo die Bibliothek war. Das Institut war ausgesprochen groß. Für jemanden wie ihm, der wenig gläubig war und im Grunde nie in einem Kloster gewesen war, glich es einem Labyrinth.

Er ging nach links, nach rechts und hielt eine Nonne an, um nach der Lage des Raums zu fragen. In jenem Moment zeigte ihm jemand anderes unbeabsichtigt den Weg.

Ohne seine Gegenwart zu bemerken, sah er Chiara aus einer Tür herauskommen, während sie sich ein paar große Bücher an die Brust gedrückt hielt. Er lief ihr hinterher, als sie nach rechts bog, wahrscheinlich in die Bibliothek.

Er hielt ein Abstand, da er nicht wollte, dass sie sich nachgeschlichen fühlte. Schließlich folgte er ihrem Schatten und beobachtete sie auf diese Weise aus der Ferne.

Sie bewegte sich ausgesprochen elegant trotz ihres Nonnengewands. Es war fesselnd, ihrer Unschuld als Nonne zuzusehen, im völligen Widerspruch zu ihrer verführerischen Weiblichkeit.

Unterdessen beobachtete nicht weit entfernt Schwester Costanza José, wie er seinerseits Chiara beobachte. Sie rümpfte die Nase und war empört. Sie war überzeugt, dass ein Kloster nicht von einem verführerischen Mann besucht werden sollte (welch gotteslästerliches Adjektiv), wie es jener Spanier war.

José fühlte sich auf einmal eigenartig, ohne den Grund zu kennen. A ls er in das Zimmer voller Bücher kam, sah er Chiara an einem Tisch in der Mitte des Raumes sitzen. Für ein paar Sekunden hielt er den Atem an und das verärgerte ihn. Verlegen schüttelte er den Kopf und näherte sich der Nonne, die in den Büchern blätterte.

Buenas tardes, se ñ orita “ , grüßte er als er sich ihr gegenüber setzte. Kaum hörte sie seine Worte, lächelte sie.

Donnerwetter, war Chiara hübsch!

„Zuallererst ist es nicht richtig, eine Nonne se ñ orita zu nennen.“ Ihre Stimme war weich, nicht beleidigt und völlig anders als jene von Schwester Costanza oder der Oberin. „Reden Sie nicht die anderen Ordensschwestern damit an oder sie könnten sie verärgern!“

Chiaras Gesicht zeigte einen Ausdruck der Freude bei dem Gedanken an die Äbtissin, hätte sie gehört, dass José die anderen Nonnen des Klosters se ñ orita nannte. Ihr missfiel se ñ ora , geschweige denn diese Art von Koseform.

José ahnte sofort, was Chiaras lebhaften Gedanken waren und lächelte seinerseits.

No puedo imaginar was podría decir la Abadesa si me hört ...“, berichtigte er sich, „wenn sie mir hören ...“

„Wenn sie mich hören würde“, half ihm Chiara ohne ihren heiteren Gesichtsausdruck zu verlieren.

„Wenn sie mich hören würde“, wiederholte er.

José betrachtete sie für ein paar Sekunden und Chiara hielt mit Mühe seinem Blick stand. „José ist also Ihr Name, richtig? Verstehen Sie mich, wenn ich Italienisch spreche?“ Der Ton von Chiara ist vertrauter geworden, bereit für den Unterricht, zu dem sie sich vorbereitet hatte.

„Ja, compriendo bien Italienisch, pero beim Sprechen tue ich mich schwer, sin die beiden Sprachen mezclar.“ Er hob die Schultern, als wenn er es nicht verhindern könnte, das Spanische mit dem Italienischen zu mischen.

„Dafür sind wir hier“, begann Chiara, öffnete ein Buch und legte es ihrem ausländischen Schüler hin.

Chiara begann mit Hilfe des Buches und Josés schnellen Auffassungsgabe, Grammatik zu erklären. Die erste Stunde sollte José helfen, seine Sprachkenntnisse schnell zu verbessern, zumal sich die beiden Sprachen ähnelten.